Seite:De Kinder und Hausmärchen Grimm 1819 V1 393.jpg

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Aber Gott schickte zwei Engel vom Himmel in Gestalt von weißen Tauben, die mußten täglich zweimal zu ihr fliegen und ihr das Essen bringen, bis die sieben Jahre herum waren.

Der Koch aber dachte bei sich, hat das Kind wünschliche Gedanken und ich bin hier, so könnte es mich leicht ins Unglück bringen, wenn ich nicht bei ihm bin. Da machte er sich vom Schloß weg und ging zu dem Knaben, der war schon so groß, das er sprechen konnte. Sprach der Koch: „wünsche dir ein schönes Schloß, mit einem Garten und was dazu gehört,“ und wie es der Königssohn ausgesprochen, so stand alles das Gewünschte da. Ueber eine Zeit sprach der Koch zu ihm: „es ist nicht gut, daß du so allein bist, wünsche dir eine schöne Jungfrau zur Gesellschaft.“ Da wünschte sie der Königssohn und sie war gleich da und so schön, wie sie kein Mahler mahlen konnte. Nun spielten die beide zusammen und hatten sich von Herzen lieb, und der alte Koch ging auf die Jagd, wie ein vornehmer Mann. Es kam ihm aber der Gedanke, der Königssohn könnte einmal wünschen bei seinem Vater zu seyn, und könnte ihn in große Noth bringen. Da ging er heim, nahm das Mädchen beiseit und sprach: „diese Nacht, wenn der Knabe schläft, so geh an sein Bett und stoß ihm das Messer ins Herz und bring mir Zunge und Leber von ihm, und wenn du das nicht thust, so sollst du dein Leben verlieren. Darauf ging er fort, und als er am andern Tag wieder kam, so hatte sie es nicht gethan und sprach: „was soll ich ein unschuldiges Blut ums Leben bringen, daß noch niemand beleidigt hat!“ Sprach der Koch wieder: „wo du es nicht

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1819). Berlin: G. Reimer, 1819, Seite 393. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1819_V1_393.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)