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andern in Stolz und Hochmuth entgegen; wenn sie zusammen ausgeschickt werden, um eine Aufgabe zu lösen, wornach der Vorzug unter ihnen bestimmt werden soll, verlachen ihn jene und sehen ihn mit Verachtung an. Der Dummling aber zieht in kindlichem Vertrauen aus, und wenn er sich ganz verlassen glaubt, hilft eine höhere Macht und giebt ihm den Sieg über die andern. Ein andermal hat er weltliches Wissen hintangesetzt und nur die Sprache der Natur gelernt, darum wird er verstoßen, aber jene Erkenntniß erhebt ihn bald über alle andere. Unterliegt er der Mißgunst und wird ermordet, so verkündigt doch lange nachher der weißgebleichte, hervorgespülte Knochen die Unthat, damit sie nicht unbestraft bleibe

Der Dummling ist der verachtete, geringe, der kleine und nur von Riesen aufgesäugt, wird er stark; so nähert er sich dem Däumling. Dieser ist bei seiner Geburt nur so groß als ein Daumen und wächst auch nicht weiter. Bei ihm aber ist alles in Klugheit ausgeschlagen, er ist aller List und Behendigkeit voll, so daß er sich aus jedem Unfall, in den ihn seine kleine Gestalt so oft bringt, jedesmal zu helfen, selbst noch Vortheil daraus für sich zu ziehen weiß. Jedermann äfft er und zeigt eine Lust an gutmüthiger Neckerei, überhaupt die Natur der Zwerge; auch mögen alte Sagen von diesen hier noch fortdauern. Manchmal ist er als ein kluges Schneiderlein dargestellt, das mit seinem feinen und schnellen Verstand die Riesen schreckt, die Ungeheuer tödtet und die Königstochter erwirbt; er allein kann die vorgelegten Räthsel lösen.

Das Bauerlein, das ein hölzernes Kalb auf die Weide schickt, aber hernach durch allerlei listige Streiche sich Reichthum zu verschaffen

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1819). Berlin: G. Reimer, 1819, Seite LII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1819_V1_v_052.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)