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es ganz, dann wirst du allen und jeden Morgen früh beim Aufstehen Gold unter deinem Kopfkissen aufheben können, und das kommt dir zu von wegen des Vogelherzens.“

Der Jäger dankte der weisen Frau und dachte bei sich: „schöne Dinge, wenns auch all so einträfe!“ Doch, wie er etwa hundert Schritte gegangen war, hörte er über sich in den Aesten ein Geschrei und Gezwitscher, daß er aufschaute, da sah er einen Haufen Vögel, die rissen mit den Schnäbeln und Füßen ein Tuch herum, schrien, zerrten und balgten sich, als wollts ein jeder allein haben. „Nun, sprach der Jäger, das ist wunderlich, es kommt ja, wie das Mütterchen gesagt hat,“ nahm die Büchse von der Schulter, legte an und that seinen Schuß mitten hinein, daß die Federn herumflogen. Alsbald nahm das Gethier mit großem Schreien die Flucht, aber einer fiel todt herab und der Mantel sank herunter. Da that der Jäger wie ihm die Alte geheißen hatte, schnitt den Vogel auf, suchte das Herz, schluckte es hinunter und nahm den Mantel mit nach Haus.

Am andern Morgen, als er aufwachte, fiel ihm die Verheißung ein und er wollte sehen, ob die auch einträfe. Wie er aber sein Kopfkissen in die Höhe hob, da schimmerte ihm das Goldstück entgegen, und am andern Morgen fand er wieder eins und so weiter jedesmal, wenn er aufstand. Er sammelte sich einen Haufen Gold, endlich aber dachte er: „was hilft mir all mein Gold, wenn ich daheim bleibe! ich will ausziehen und mich in der Welt umsehen.“

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1819). Berlin: G. Reimer, 1819, Seite 173. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1819_V2_173.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)