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Paul Heyse: L’Arrabbiata. In: Gesammelte Werke. 4. Band: Novellen. I., 8. Auflage, S. 1–21

Mütze über den geringelten Haaren, der stattliche Padrone der Schenke von der Höhe herunter. Er hatte Fische in die Stadt gebracht, die jene vornehme Dame bestellt hatte, um sie dem kleinen Pfarrer von Sorrent vorzusetzen. Wie er des jungen Schiffers ansichtig wurde, winkte er ihm herzlich mit der Hand ein Willkommen zu, setzte sich dann neben ihn auf die Bank und fing an zu fragen und zu erzählen. Eben brachte sein Weib eine zweite Flasche des echten unverfälschten Capri, als der Ufersand zur Linken knisterte und Laurella des Weges von Anacapri daher kam. Sie grüßte flüchtig mit dem Kopf und stand unschlüssig still.

Antonino sprang auf. Ich muß fort, sagte er. ’s ist ein Mädchen aus Sorrent, das heut früh mit dem Signor Curato kam und auf die Nacht wieder zu ihrer kranken Mutter will.

Nun nun, ’s ist noch lang bis Nacht, sagte der Fischer. Sie wird doch Zeit haben, ein Glas Wein zu trinken. Hola, Frau, bring noch ein Glas.

Ich danke, ich trinke nicht, sagte Laurella und blieb in einiger Entfernung.

Schenk nur ein, Frau, schenk ein! Sie läßt sich nöthigen.

Laßt sie, sagte der Bursch. Sie hat einen harten Kopf; was sie einmal nicht will, das redet ihr kein Heiliger ein. – Und damit nahm er eilfertig Abschied, lief nach der Barke hinunter, lös’te das Seil, und stand nun in Erwartung des Mädchens. Die grüßte noch einmal nach den Wirthen der Schenke zurück und ging dann mit zaudernden Schritten der Barke zu. Sie sah vorher nach allen Seiten um, als erwarte sie, daß sich noch andere Gesellschaft einfinden würde. Die Marine aber war menschenleer; die Fischer schliefen oder fuhren im Meer mit Angeln und Netzen, wenige Frauen und Kinder saßen unter den Thüren, schlafend oder spinnend, und die Fremden, die am Morgen herübergefahren, warteten die kühlere Tageszeit zur Rückfahrt ab. Sie konnte auch nicht zu lange umschauen, denn eh sie es wehren konnte, hatte Antonino sie in die Arme genommen und trug sie wie ein Kind in den Nachen. Dann sprang er nach, und mit wenigen Ruderschlägen waren sie schon im offenen Meer.

Sie hatte sich vorn in den Kahn gesetzt und ihm halb den Rücken zugedreht, daß er sie nur von der Seite sehen konnte.

Empfohlene Zitierweise:
Paul Heyse: L’Arrabbiata. In: Gesammelte Werke. 4. Band: Novellen. I., 8. Auflage, S. 1–21. Wilhelm Hertz, Berlin 1898, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_L%27Arrabbiata_(Heyse).djvu/13&oldid=- (Version vom 31.7.2018)