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Paul Heyse: L’Arrabbiata. In: Gesammelte Werke. 4. Band: Novellen. I., 8. Auflage, S. 1–21

seine Jacke, die auf der Bank gelegen, glitt ins Meer, als der Nachen von der Last des Mädchens nach der einen Seite hinübergezogen wurde. Gewandt schwang sie sich empor und erklomm ihren früheren Sitz. Als er sie geborgen sah, griff er wieder zu den Rudern. Sie aber wand ihr triefendes Röckchen aus und rang das Wasser aus den Flechten. Dabei sah sie auf den Boden der Barke und bemerkte jetzt das Blut. Sie warf einen raschen Blick nach der Hand, die, als sei sie unverwundet, das Ruder führte. Da! sagte sie und reichte ihm ihr Tuch. Er schüttelte den Kopf und ruderte vorwärts. Sie stand endlich auf, trat zu ihm und band ihm das Tuch fest um die tiefe Wunde. Darauf nahm sie ihm, so viel er auch abwehrte, das eine Ruder aus der Hand und setzte sich ihm gegenüber, doch ohne ihn anzusehn, fest auf das Ruder blickend, das vom Blut geröthet war, und trieb mit kräftigen Stößen die Barke fort. Sie waren beide blaß und still. Als sie näher ans Land kamen, begegneten ihnen Fischer, die ihre Netze auf die Nacht auswerfen wollten. Sie riefen Antonino an und neckten Laurella. Keins sah auf oder erwiederte ein Wort.

Die Sonne stand noch ziemlich hoch über Procida, als sie die Marine erreichten. Laurella schüttelte ihr Röckchen, das fast völlig überm Meer getrocknet war, und sprang ans Land. Die alte spinnende Frau, die sie schon am Morgen hatte abfahren sehen, stand wieder auf dem Dach. Was hast du an der Hand, Tonino? rief sie hinunter. Jesus Christus, die Barke schwimmt ja in Blut!

’s ist nichts, Commare, erwiederte der Bursch. Ich riß mich an einem Nagel, der zu weit vorsah. Morgen ist’s vorbei. Das verwünschte Blut ist nur gleich bei der Hand, daß es gefährlicher aussieht, als es ist.

Ich will kommen und dir Kräuter auflegen, Comparello. Wart’, ich komme schon.

Bemüht Euch nicht, Commare. Ist schon alles geschehn, und morgen wird’s vorbei sein und vergessen. Ich habe eine gesunde Haut, die gleich wieder über jede Wunde zuwächs’t.

Addio! sagte Laurella und wandte sich nach dem Pfad, der hinaufführt.

Empfohlene Zitierweise:
Paul Heyse: L’Arrabbiata. In: Gesammelte Werke. 4. Band: Novellen. I., 8. Auflage, S. 1–21. Wilhelm Hertz, Berlin 1898, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_L%27Arrabbiata_(Heyse).djvu/18&oldid=- (Version vom 31.7.2018)