Seite:De L'Arrabbiata (Heyse).djvu/19

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Paul Heyse: L’Arrabbiata. In: Gesammelte Werke. 4. Band: Novellen. I., 8. Auflage, S. 1–21

Gute Nacht! rief ihr der Bursch nach, ohne sie anzusehn. Dann trug er das Geräth aus dem Schiff und die Körbe dazu und stieg die kleine Steintreppe zu seiner Hütte hinauf.


Es war Keiner außer ihm in den zwei Kammern, durch die er nun hin und her ging. Zu den offenen Fensterchen, die nur mit hölzernen Läden verschlossen werden, strich die Luft etwas erfrischender herein, als über das ruhige Meer, und in der Einsamkeit war ihm wohl. Er stand auch lange vor dem kleinen Bilde der Mutter Gottes und sah die aus Silberpapier daraufgeklebte Sternenglorie andächtig an. Doch zu beten fiel ihm nicht ein. Um was hätte er bitten sollen, da er nichts mehr hoffte?

Und der Tag schien heute still zu stehen. Er sehnte sich nach der Dunkelheit, denn er war müde, und der Blutverlust hatte ihn auch mehr angegriffen, als er sich gestand. Er fühlte heftige Schmerzen an der Hand, setzte sich auf einem Schemel und lös’te den Verband. Das zurückgedrängte Blut schoß wieder hervor, und die Hand war stark um die Wunde angeschwollen. Er wusch sie sorgfältig und kühlte sie lange. Als er sie wieder vorzog, unterschied er deutlich die Spur von Laurella’s Zähnen. Sie hatte Recht, sagte er. Eine Bestie war ich und verdien’ es nicht besser. Ich will ihr morgen ihr Tuch durch den Giuseppe zurückschicken. Denn mich soll sie nicht wiedersehn. – Und nun wusch er das Tuch sorgfältig und breitete es in der Sonne aus, nachdem er sich die Hand wieder verbunden hatte, so gut er’s mit der Linken und den Zähnen konnte. Dann warf er sich auf sein Bett und schloß die Augen.

Der helle Mond weckte ihn aus einem halben Schlaf, zugleich der Schmerz in der Hand. Er sprang eben wieder auf, um die pochenden Schläge des Bluts in Wasser zu beruhigen, als er ein Geräusch an seiner Thür hörte. Wer ist da? rief er und öffnete. Laurella stand vor ihm.

Ohne viel zu fragen, trat sie ein. Sie warf das Tuch ab, das sie über den Kopf geschlungen hatte, und stellte ein Körbchen auf den Tisch. Dann schöpfte sie tief Athem.

Empfohlene Zitierweise:
Paul Heyse: L’Arrabbiata. In: Gesammelte Werke. 4. Band: Novellen. I., 8. Auflage, S. 1–21. Wilhelm Hertz, Berlin 1898, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_L%27Arrabbiata_(Heyse).djvu/19&oldid=- (Version vom 31.7.2018)