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Paul Heyse: L’Arrabbiata. In: Gesammelte Werke. 4. Band: Novellen. I., 8. Auflage, S. 1–21

anders und besser vorstellen sollen und dich nicht aufbringen durch meine stumme Art. Und nun gar die Wunde –

Es war Nothwehr, und die höchste Zeit, daß ich meiner Sinne wieder mächtig wurde. Und wie gesagt, es hat nichts zu bedeuten. Sprich nicht von Vergeben. Du hast mir wohlgethan, und das danke ich dir. Und nun geh schlafen, und da – da ist auch dein Tuch, daß du’s gleich mitnehmen kannst.

Er reichte es ihr, aber sie stand noch immer und schien mit sich zu kämpfen. Endlich sagte sie: Du hast auch deine Jacke eingebüßt um meinetwegen, und ich weiß, daß das Geld für die Orangen darin steckte. Es fiel mir Alles erst unterwegs ein. Ich kann dir’s nicht so wieder ersetzen, denn wir haben es nicht, und wenn wir’s hätten, gehört’ es der Mutter. Aber da hab’ ich das silberne Kreuz, das mir der Maler auf den Tisch legte, als er das letzte Mal bei uns war. Ich hab’ es seitdem nicht angesehn und mag es nicht länger im Kasten haben. Wenn du es verkaufst – es ist wohl ein paar Piaster werth, sagte damals die Mutter –, so wäre dir dein Schaden ersetzt, und was fehlen sollte, will ich suchen mit Spinnen zu verdienen, Nachts, wenn die Mutter schläft.

Ich nehme nichts, sagte er kurz und schob das blanke Kreuzchen zurück, das sie aus der Tasche geholt hatte.

Du mußt’s nehmen, sagte sie. Wer weiß, wie lang du mit dieser Hand nichts verdienen kannst. Da liegt’s und ich will’s nie wieder sehn mit meinen Augen.

So wirf es ins Meer.

Es ist ja kein Geschenk, das ich dir mache; es ist nicht mehr, als dein gutes Recht und was dir zukommt.

Recht? Ich habe kein Recht auf irgend was von dir. Wenn du mir später einmal begegnen solltest, thu mir den Gefallen, und sieh mich nicht an, daß ich nicht denke, du erinnerst mich an das, was ich dir schuldig bin. Und nun gute Nacht, und laß es das Letzte sein.

Er legte ihr das Tuch in den Korb und das Kreuz dazu und schloß den Deckel darauf. Als er dann aufsah und ihr ins Gesicht, erschrak er. Große schwere Tropfen stürzten ihr über die Wangen. Sie ließ ihnen ihren Lauf.

Empfohlene Zitierweise:
Paul Heyse: L’Arrabbiata. In: Gesammelte Werke. 4. Band: Novellen. I., 8. Auflage, S. 1–21. Wilhelm Hertz, Berlin 1898, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_L%27Arrabbiata_(Heyse).djvu/21&oldid=- (Version vom 31.7.2018)