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Paul Heyse: L’Arrabbiata. In: Gesammelte Werke. 4. Band: Novellen. I., 8. Auflage, S. 1–21

Sie haben ihren Spott mit mir, weil ich nicht tanze und singe und viel Redens mache, wie Andere. Sie sollten mich gehen lassen; ich thu’ ihnen ja nichts.

Du könntest aber freundlich sein zu Jedermann. Tanzen und singen mögen Andere, denen das Leben leichter ist. Aber ein gutes Wort geben, schickt sich auch für einen Betrübten.

Sie sah vor sich nieder und zog die Brauen dichter zusammen, als wollte sie ihre schwarzen Augen darunter verstecken. Eine Weile fuhren sie schweigend dahin. Die Sonne stand nun prächtig über dem Gebirg, die Spitze des Vesuv ragte über die Wolkenschicht heraus, die noch den Fuß umzogen hielt, und die Häuser auf der Ebene von Sorrent blickten weiß aus den grünen Orangengärten hervor.

Hat jener Maler nichts wieder von sich hören lassen, Laurella, jener Neapolitaner, der dich zur Frau haben wollte? fragte der Pfarrer.

Sie schüttelte den Kopf.

Er kam damals, ein Bild von dir zu machen. Warum hast du’s ihm abgeschlagen?

Wozu wollt’ er es nur? Es sind Andere schöner als ich. Und dann – wer weiß, was er damit getrieben hätte. Er hätte mich damit verzaubern können und meine Seele beschädigen, oder mich gar zu Tode bringen, sagte die Mutter.

Glaube nicht so sündliche Dinge, sprach der Pfarrer ernsthaft. Bist du nicht immer in Gottes Hand, ohne dessen Willen dir kein Haar vom Haupte fällt? Und soll ein Mensch mit so einem Bild in der Hand stärker sein als der Herrgott? – Zudem konntest du ja sehen, daß er dir wohlwollte. Hat er dich sonst heirathen wollen?

Sie schwieg.

Und warum hast du ihn ausgeschlagen? Es soll ein braver Mann gewesen sein und ganz stattlich und hätte dich und deine Mutter besser ernähren können, als du es nun kannst, mit dem bischen Spinnen und Seidewickeln.

Wir sind arme Leute, sagte sie heftig, und meine Mutter nun gar seit so lange krank. Wir wären ihm nur zur Last gefallen. Und ich tauge auch nicht für einen Signore. Wenn seine Freunde zu ihm gekommen wären, hätte er sich meiner geschämt.

Empfohlene Zitierweise:
Paul Heyse: L’Arrabbiata. In: Gesammelte Werke. 4. Band: Novellen. I., 8. Auflage, S. 1–21. Wilhelm Hertz, Berlin 1898, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_L%27Arrabbiata_(Heyse).djvu/7&oldid=- (Version vom 31.7.2018)