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Paul Heyse: L’Arrabbiata. In: Gesammelte Werke. 4. Band: Novellen. I., 8. Auflage, S. 1–21

Wie das?

Weil er sie mißhandelt hat und geschlagen und mit Füßen getreten. Ich weiß noch die Nächte, wenn er nach Hause kam und war in Wuth. Sie sagte ihm nie ein Wort und that Alles, was er wünschte. Er aber schlug sie, daß mir das Herz brechen wollte. Ich zog dann die Decke über den Kopf und that, als ob ich schliefe, weinte aber die ganze Nacht. Und wenn er sie dann am Boden liegen sah, verwandelt’ er sich plötzlich und hob sie auf und küßte sie, daß sie schrie, er werde sie ersticken. Die Mutter hat mir verboten, daß ich nie ein Wort davon sagen soll; aber es griff sie so an, daß sie nun die langen Jahre, seit er todt ist, noch nicht wieder gesund geworden ist. Und wenn sie früh sterben sollte, was der Himmel verhüte, ich weiß wohl, wer sie umgebracht hat.

Der kleine Priester wiegte das Haupt und schien unschlüssig, wie weit er seinem Beichtkind Recht geben sollte. Endlich sagte er: Vergieb ihm, wie ihm deine Mutter vergeben hat. Hefte nicht deine Gedanken an jene traurigen Bilder, Laurella. Es werden bessere Zeiten für dich kommen, und dich Alles vergessen machen.

Nie vergess’ ich das, sagte sie und schauerte zusammen. Und wißt, Padre, darum will ich eine Jungfrau bleiben, um Keinem unterthänig zu sein, der mich mißhandelte und dann liebkos’te. Wenn mich jetzt Einer schlagen oder küssen will, so weiß ich mich zu wehren. Aber meine Mutter durfte sich schon nicht wehren, nicht der Schläge erwehren und nicht der Küsse, weil sie ihn lieb hatte. Und ich will Keinen so lieb haben, daß ich um ihn krank und elend würde.

Bist du nun nicht ein Kind und sprichst wie Eine, die nichts weiß von dem, was auf Erden geschieht? Sind denn alle Männer wie dein armer Vater war, daß sie jeder Laune und Leidenschaft nachgeben und ihren Frauen schlecht begegnen? Hast du nicht rechtschaffne Menschen genug gesehn in der ganzen Nachbarschaft, und Frauen, die in Frieden und Einigkeit mit ihren Männern leben?

Von meinem Vater wußt’ es auch Niemand, wie er zu meiner Mutter war, denn sie wäre eher tausendmal gestorben, als es einem sagen und klagen. Und das Alles, weil sie ihn liebte. Wenn es so um die Liebe ist, daß sie einem die Lippen schließt, wo man Hülfe schreien sollte, und einen wehrlos macht gegen Aergeres, als

Empfohlene Zitierweise:
Paul Heyse: L’Arrabbiata. In: Gesammelte Werke. 4. Band: Novellen. I., 8. Auflage, S. 1–21. Wilhelm Hertz, Berlin 1898, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_L%27Arrabbiata_(Heyse).djvu/9&oldid=- (Version vom 31.7.2018)