Seite:De Merian Electoratus Brandenburgici et Ducatus Pomeraniae 140.png

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sondern seynd mehrertheils / und sonderlich bey der Pastey / da das Cavalier überzwerch auffstehet / gegen der Vestung hineinwerts offen / damit / da der Rauch oben nicht hinauß wolte / doch ein Weg / als den andern / sie / durch solch Mittel Lufft haben könten. Und seynd sonderlich die Mauren außwendig herumber mit guten Pfälen und Tüllen darhinder versehen / damit solch Gemäuer vor stätigem Anschlagen deß Wassers / so wol auch wegen der Verfrierung / und Eyßschämel verwahrt bleibe. So hat es auch in dieser Vestung 3. herrliche Zeughäuser / deren das eine bey die 700. Schuch lang / so unten mit munition / oben auf mit Getreyd / und Speck / die Keller aber mit Bier / versorget werden. Wann man von Mittag / oder von Franckfurt an der Oder (so 3. Meilen von hinnen gelegen) hieher reisen will / muß man über 37. Brucken / und deßhalben solcher Weg wol eine Maußfallen mag genandt werden. Und da man über das Moraß kompt / laufft zu nechst an der Vestung Cüstrin / der starcke Oderstrom fürüber. Wann man dann zum andern Thor wieder hinauß will / muß man zum wenigsten auch über 7. Brucken reisen / obwol der Moraß am selbigen Orth am schmälsten ist. Es ligt sonsten Cüstrin gar eben / hat einen herrlichen grossen Platz zur Musterung / hübsche Häuser in der Stadt / und ein feines Volck wie dann die Burgerschafft wol abgericht ist / und / neben den Soldaten / die Wachten versehen thut. Der schöne Fürstliche Pallast / so mit hübschen breiten Gräben umbgeben / hat inwendig zum Theil hübsche gemahlte Zimmer / einen grossen Saal / und sonderlich die Neuerbaute Churf. Zimmer. Man hat vor diesem in dem langen Zeughauß 150. grosse Stück Geschütz schön außgebutzt / und unter solchen 21. Carthaunen / doppel Carthaunen und Feldschlangen / alles von Metall gezehlet. So waren auch da etliche Feuermörser auf vier Rädern. Sonsten hatte auch die Vestung an andern Sachen / als 31. Handmülen / Rüstwägen / und dergleichen / keinen Mangel; und / sonders Zweifels noch. Und wird solche für unüberwindlich gehalten. Marggraff Hans von Brandeburg / der Anno 1571. gestorben / hat sie / nach dem sie über 200. Jahr hero eine Stadt gewesen / bevestiget: Von ihr setzet Johan Angel. à Werdenhagen in Antegressu part. 4. Rer. Hans. p. 373. folgende Verß:

Ipsa licet cunctas adducat Thracia vires,
Germanis certam saepè minata necem.
Ipsa licet cunctas terra Itala vires,
Teutonibus magnum saepè minata malum:
Nec tamen humana poteris delerier arte,
Nec vi, nec vigili fraude, doloque capi.
Stes, maneasque tuo semper cum Principe salva,
Incolumes remanent, quos tegit ipse Deus!

Und diese Vestung ist auch in dem nächsten Teutschen Krieg erhalten worden: wiewol An. 1640. die Schwedische vor den Damm bey Cüstrin sich legten / und diese Vestung so hart ängstigten / daß sie viel für verloren hielten / wie in tomo quarto Theatri Europaei fol. 249. col. 1. stehet.

Demnach uns von vertrauter Hand auch eine andere Beschreibung jetztgedachter Vestung zukommen / haben wir solche dem günstigen Leser gleichfals hiemit communiciren wollen.

Cüstrin ist vor etlich hundert Jahren ein Städtlein gewesen / wie solches ihre alte Privilegien beweisen / hat zur Vorstadt ein Fischerdorff / der Kietz genandt / gehabt / und ist diß Städtlein und Kietz / eben in dem Ecke / da der Oderstrom und die Fischreiche Warte zusammen fliessen / gelegen gewesen.

Als nun Marggraf Hans zu Brandenburg auß den Kriegen / darin er dem Käyser und Könige von Hispanien Carolo V. gedienet / kommen / hat er bey sich bedacht wie viel in Kriegszeit an den Strömen gelegen / wie sie Freund und Feind zu seinem Vortheil gebrauchen könne / und derhalben die Vestung anno 1537. an / und den Kietz über die Oder geleget. Sie ist erst von Erden auffgebauet worden / weil aber die erdene Wercke / wegen des grossen Gewässers / so alda Jährlich in die neun Monat zu verharren / und nur im Sommer zufallen / ja auch offt im Sommer / ehe man sichs

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Electoratus Brandenburgici et Ducatus Pomeraniae. Eigenverlag, Frankfurt am Mayn 1652, 2. Ausgabe um 1680, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Electoratus_Brandenburgici_et_Ducatus_Pomeraniae_140.png&oldid=- (Version vom 11.3.2023)