Seite:De Merian Hassiae 049.jpg

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vmbflossen / daß man mit grossen Schiffen herumb spatziren fahren kan. Oben am ende / da sich der Strohm theilet / ligt ein sehr lustiger / vnd nutzbarer Antenfang. Vnnd dieses Feld / so die Awe genennet wird / ist an beyden seyten / gegen dem Wasser / mit herrlichen Obstbäumen vmbpflantzet / vnd da der Strohm wieder zusammen fleust / welches recht gegen dem Schloß geschiehet / auß welchem man die gantze Insel vbersehen kan / ligt / ausserhalb vorgedachtem steinern Revelin / vnd Narrenbrucken / ein Schützenhauß / darinnen man sich Sommerszeit / mit dem Armbrust / exercirt / vnnd ein groß Gelt verzehret wird. Vnd in Summa / es fählet diesem Schloß / an allerhand guten Gelegenheiten / vnnd Belustigung schier nichts. Die Statt wird durch den Fuldastrohm in 2. theil getheilet / vnnd eines die Alte / das ander die Neustatt genennet / darzwischen eine schöne weite hohe steinerne Brucken / mit vier Schwingbögen / liget. Die Alte Statt ist die vornembste / ligt auff der seyten deß Schlosses / zwischen Trausel / vnnd Ahnafluß / an einem Berge / etwas thalhängig / doch in einem halben Zirckel ziemlich weit vmbfangen / vnnd mit sehr hohen starcken Wällen / vnnd sechs fürtrefflichen erdenen / inwendig aber vberauß künstlich gewölbten Bollwerken / vnnd außwendig mit vielen Schantzen / vnnd außwercken vmbgeben. Vnnd hat diese Vestung an starcken Gebäwen / hohen / vnnd dicken Wällen / vnnd tieffen Gräben wenig ihres gleichen; wie dann die Hauptbefestigung vmb die alte Statt allein auff die vierzehen Tonnen Goldes auffzuführen gekostet hat. Die Statt an ihr selbsten ist allenthalben sehr dichte gebawet / vnd voller schöner hoher / theils mit Steinen / theils mit Holtz erbawter Häuser / vnnd vberauß Volckreich. Vnter andern viel vornehmen stattlichen Gebäwen / ist erstlich der Marstall / so gleich einer Fürstlichen Hoffstatt / gantz von steinen viereckt zugebawet / vnnd hat eine Durchfahrt / darinnen nicht allein viel lange hohe gewölbte Pferdställe / sondern darüber auch stattliche Säle / Gemächer / vnnd Böden / in welchen eine vortreffliche KunstKammer / ErfündungsKammer / vnnd RüstKammer / zu sehen. Ligt recht gegen dem Schloß vber / vnnd darzwischen ein schön weiter Platz / mit einer steinern Sparziergangs Lauben. Nicht weit hievon / auch gegen dem Schloß vber / an der Bruder Kirchen / ligt das Collegium Adelphicum, vnnd daran die Fürstliche Cantzley / vnnd RentCammers Gebäw / vnnd dahinter ein lustiges Gärtlein an der Fulda / welches alles gantz steinerne / hohe / vnnd solche Gebäw seynd / daß ein Fürst mit reputation darinnnen wohnen kan. Deßgleichen das Annaberger Closter / darinnen dabevor der alten Fürsten zu Hessen Begräbnuß gewesen / ist auch ein sehr kostbares hohes steinernes Gebäw / inwendig mit einem langen viereckten Hoffe / das aber / weilen allbereit Fürstliche Paläst genug / durch vnd durch / mit stattlichen Böden / gebawet / vnd zum Provianthause verordnet. Nicht weit davon / vnd gegen vber / stehet das Zeughaus / so viel hundert Schuh lang / vnd vber 70. oder 80. Schuh hoch / gantz von Steinen auffgeführet ist / da in der vndersten Wanderung vber hundert Metalline Stück / Geschütz / vnnd Fewer Mörser / vnnd darunder halbe / gantze / vnd doppelte Carthaunen / vnnd Feldschlangen / stehen / darüber ein Boden / auff welchem ein gewaltig stattlicher Vorrath an Harnischen / Mußqueten / vnd allerhand Rüstungen vnd Gewöhren / ist. Auff den vbrigen Böden / deren etliche vbereinander / vnnd so lang / als das gantze Hauß / seyn / ligt alles voller Geträid / vnnd Vorraths Früchten. Vnnd dieses Zeughauß / wie auch den Marstall / Cantzley / vnnd andere Fürstliche Gebäw mehr / hat LandGraff Wilhelm der Vierdte / vnnd Weise / zugenannt / im Jahr 1573. erbawet. Ferners ist das Ottonium, oder ComoediHauß / so sehr hoch von Steinen / inwendig gleich einem in die runde gebawten Schawspiel-Platz / ohne Säul / oder Pfeiler / auffgeführt / das aber nunmehr / in dem Kriegswesen / eines theils zur Soldaten Kirche / das ander aber zum Gießhauß gebraucht worden. Nicht weit davon ist ein sehr artiges räumliches von Stein auffgemauertes Ballhauß / vnd dabey ein sehr grosse / vnnd weite Rennbahn / mit einem von Brettern artig auffgebawtem halb runden Judicir- oder Richter Spruchshauß. Zu vnderst der Statt / ligt noch ein Fürstlich fast vierecktes zugebautes / doch nicht gantz steinernes

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Hassiae. Frankfurt am Mayn: Matthäus Merians Erben, 1655, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Hassiae_049.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)