Es liget diese Statt am Rhein / zwo Meylen vom Außgang deß vnderen Bodensee / auff dem Teutschen Boden / in einem gar fruchtbaren / mit schönen Weinbergen vmbgebenen Geländ. Ist nicht alt / sondern hat ihren Anfang bekommen / nach deme Graf Eberhardt von Nellenburg / Anno 1052. das Kloster allhie zu Allerheiligen / Benedictiner Ordens / ein reiche vnd Gefürstete Abbtey / gestifftet. Vnd ward vor Zeiten am Stad / als der Edlen am Stad Stammhauß vnd Wohnung / vnd folgends von den Schiffen / in den alten Instrumenten / Scaphusa, das ist / Schifhausen genannt. Dann nahend der Statt / so theils vff 3000. Schritt / theils ein viertheil Schweitzerischer Meyl oder minder / theils ohngefehr ein halbe Stund Wegs / davon / rechnen / an einem Orth im Lauffen genannt / (darbey das alte Schloß Lauffen / so Anno 1543. oder 44. durch einen Kauff / sampt der Herrschafft / an die Statt Zürich kommen / in der höhe vnd vnten am Rhein das Zollhauß gelegen) der gantze Rhein eng zusammen gezogen wird / vnd mit vngestümmen Rauschen / vnd Getöse / etlich Klaffter hoch / vber Schroffen vnd Felsen / herunder fället / also daß weder Schiff / noch Floß / vnzerbrochen herunder gebracht werden können / sondern man alle Güter von den Schiffen außladen / auff der Achs durch Schafhausen führen / auch vnterhalb der Statt wider in die Schiff laden muß. Vnd deßwegen ist dieser Orth Schiff- oder Scheffhausen / Schefhusia, vnd von Scapha Schapfhusia genant worden; Wiewol die Statt ein schwartzes Schaf im Wappen / vnnd Paner führet: Gleich wie Blawbewren einen blawen Bauren / da doch der Nam anderstwo herkommet. Vnd dieser Rheinsfall allhie / ist vnder den dreyen der gröste. Es gehet vber den Rhein zu Schafhausen ein zierliche mit grossem Vnkosten erbaute steinerne Brücken / dergleichen am gantzen Rheinstrohm nit zu finden: Nach dem A. 1480. der Rhein so groß gewesen / daß man auff der Brück mit der Hand Wasser schöpffen mögen / vnnd sie endlich / wie auch alle andere am Rhein / brochen ist. Es ist diese Statt mit schönen Gebäwen vnd weiten Gassen wol gezieret / hat viel schöne springende Brünn von Steinwerck gemacht / durch mehrertheils Plätz vnd Gassen geleytet / deren in so namhaffter Zahl / vnd so gesunden Wassern / nicht bald in einer Statt gefunden werden. Vnd wo die Bürger mit der Armbrust schiessen / ist ein Lindenbaum / darinnen 17. Tisch stehen können / auff welche das Wasser durch Teichel geleitet wird. Vnd hat es ob der Statt / an der Ringmawer / ein gewaltiges Bollwerck / davon wie von einer Vestung / die gantze Statt kan beschützet werden. Das Münster ist Anno 1064. geweyhet worden; gehört aber zum Kloster. Vnd weilen da 12. Münch / nach der Zahl der Apostel / seyn solten / so wird die Kirch zu den Aposteln genannt. Der Abbt war der 13. an statt deß Salvators / daher erstlich diß Kloster S. Salvator / hernach aber zu Allerheiligen geheissen. Sie ruhet auff 12. steinern Säulen / deren jede 17. Werckschuh in der Höhe / vnd 9. in der Runde hat / vnder welchen die jenige / so Anfangs dem Verräther Judae solle seyn zugeeygnet worden / einen Riß haben solle. Der letzte Abbt war Michael Eggenstorff von Costentz / welcher mit Einwilligung seines Convents / An. 1524. das Kloster der Statt freywillig / mit allerey Zugehörd / vbergeben / darauff die Reformation Anno 1529. völlig vorgenommen / vnd die MeßBilder / vnd Päpstische Ceremonien auß den Tempeln gethan / vnnd das Einkommen / an das Predigampt / Allmosen / etc. gewendet worden. Gleich wie auch das FrawenKloster zu S. Agnesen / Benedictiner Regul / so folgents bey der gedachten Abbtey erbawet / vnnd daselbst mehrentheils von Adel / vnder einer Meisterin / seyn erhalten worden / jetzt ein Spitalhauß. Ist also gemeltes Kloster / so ehe / als die Statt / gestanden / jetzt vnder derselben Gebiet / da vor Jahren / vnd Anfangs / die Statt vnder dem Kloster gewesen ist / vnd von solchem anfänglich Schultheiß /
Matthäus Merian: Topographia Helvetiae, Rhaetiae et Valesiae. , Frankfurt am Main 1654, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Helvetiae,_Rhaetiae_et_Valesiae_054.png&oldid=- (Version vom 23.2.2020)