Seite:De Merian Helvetiae, Rhaetiae et Valesiae 063.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

ihre Freyheiten behält / vnnd auß ihrem Mittel / in Bürgerlichen Sachen / dero eygene Obrigkeit erwehlt / Schultheiß / Gericht vnd Policey hat.

Es gehört in die Landvogtey Sargans das vornehme Closter S. Benedicten-Ordens / Pfeffers / wiewol es in Rhaetier Landschafft / vnd Churer-Bisthumb / zwo Meylen vnter Chur herab / vnnd ein viertel Meyl vom Rhein gelegen / vnd vor Zeiten zum Reich gehört hat / jetzt aber von den Eydgnossen / nemblich der obgedachten 7. Orthen / die deß Klosters Schirm-Herren der Zeit seyn / eximirt wird. Lateinisch wird es von den Rhaetiern Monasterjum apud Favarias, oder Fabarium, genannt. Ligt auff einem hohen Berg / vnnd so man hinauff kompt / ist ein grosse Weite darauff / mit lustigen Wiesen / kühlen Brunnen / vnd grünen Wälden: Vnnd steigen zu beyden Seiten grawsame hohe Berg hinauff / die werden mit einem tieffen / vnd gehen Thal vnterschieden. Es hat der Abbt Rudolph von Bernang / die Kasten-Vogtey dieses Klosters / den Freyherren Alberto von Saxen / Anno 1257. vmb 250. Marck abgekaufft / so Käyser Fridericus II. approbirt / vnnd das Kloster von aller Jurisdiction eines Patronen / oder Advocaten / ledig gezehlet hat. Ein viertel Meyl ferrn von dem Kloster / gegen Mitternacht zu / an dem Gletscher Wasser Caming / ist in der Tieffe / zwischen den Gehen / vnnd hohen Bergen / zu den Zeiten deß Käysers Friderici II. ein Bad / so leydenlich warm / von einem Jäger / genant der Vogler / deß Geschlechts der Carlinen von Hohenbalcken / als er in die vngehewre Klufft / mit sonderlicher Geschicklichkeit / Sorg vnd Gefahr / vber vnd durch die Felsen / Waldrappen außzunehmen / gestiegen / gefunden worden / das ligt also tieff zwischen 2. hohen / vnnd oben zusammen gebogenen Felsen / daß niemand darzu / ohne lange Seyler / hat kommen können. Folgend hat man eine Brück / vnd Weg darzu gemacht / Bad- vnd Wirthshäuser daselbst erbawt / vnd von fernen Landen sich Badgäste dahin begeben: Wiewol man auch vmb den Mittag in den engen Gemachen / eines Liechts bedörfftig gewest / dieweil es in einem solchen tieffen vngehewren Tobel / dardurch das besagte Wasser Caming gantz vngestümm vber die Felsen rauschet / vnd vnder einem finstern hohen Felsen / gelegen ist. Aber An. 1630. hat der Abbt deß gemelten Closters / vnd Herr dieses Pfeffers- oder Pfävers-Bad / so viel Mühe vnnd Vnkosten auffgewendet / daß solches Wasser von dem rechten Vrsprung besser herfür geleytet worden / da er dann einen schönen Baw führen lassen / daß also der Zeit die Badgäste besser accommodirt seyn / vnd mehrern Lust haben können. Dann vorhin da kein Frewd vnd Kurtzweil / ausser in dem Bad / darinn man Tag vnd Nacht gelegen / gewesen. Mehrertheils Leuthe seyn an kein Beth zu ruhen / nimmer kommen. Es erfolget dem Abbt deß besagten Klosters / deme diß Bad gehöret / nicht geringer Nutz darvon / wiewol die 7. Orth löblicher Eydgnoßschafft / doch nicht ohne sondern Widerwillen deß Abbts / wie Gulerus lib. 6. Raetiae fol. 78. b. meldet / etwas Ordnung in diesem Bad bißweilen zugeben pflegen / als die sich der Kasten Vogtey vber das Kloster annehmen / weil solches vnter ihrer Beherrschung in der Land-Vogtey Sargans sich verhält. In Geistlichen Sachen aber ligt diese Abbtey im Cräyß Churer Bistumbs. Es ist das warme Wasser vber alle massen klar / lauter / durchsichtig / als ein klarer Crystall: Were gnugsamb eine Mühlin zu treiben / gehet an im Frühling / vnnd endet sich im Winter / es wächst mit den Kräutern / vnd stirbt mit ihnen. Ist kühler vnd starcker Natur / den erlahmbten vnnd außgearbeiten Gliedern gantz dienstlich / allermeist für die arbeitsame Leuth. Es nimbt hinweg die Contractur / oder Lähme / so vom Zorn oder Wein entspringt / all zittern der Hände vnd Beinen / die Gesücht der Glieder / alte Fieber / den Grieß / vnd reysenden Stein / Gebresten der Nieren / vnd Blatern / alle verborgene Kranckheiten / so zwischen Fleisch vnd Haut ligen: Item all offene Schäden / so vnter den Knien an Schenckeln entspringen / den Krebs / Fistel / sampt den Brust-Geschweren; alle Wunden / so zu frühe / ohn recht natürlich gezogen Fleisch / geheylet worden / alle vbel geheilte Wunden / alle vbel geheylte Beinbrüch / die verrenckte Glieder / vnd die so mit Folteren verderbet seynd / alle vngeheylte Stich / vnd Schüß / alles gestanden vnnd versessen Blut / von fallen stossen / oder schlägen: alle erfrorne

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Helvetiae, Rhaetiae et Valesiae. , Frankfurt am Main 1654, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Helvetiae,_Rhaetiae_et_Valesiae_063.png&oldid=- (Version vom 2.4.2020)