Seite:De Merian Helvetiae, Rhaetiae et Valesiae 069.png

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Lehen / welches nicht deß Abbts / noch Klosters / sondern deß Käysers ist / vnd aber die Aebbte / von den Käysern / zu empfahen / vnd ferner zu leyhen gewohnt seynd: Wie auch ein Spitalmeister deß Spitals der Statt alle Höff im Turgäw / Rheinthal / Tockenburg vnnd Appenzell gelegen (deren ein grosse Zahl ist) mit sampt etlichen Tragern / von jedem angehenden Abbt bißher emfangen / vnd darnach von seiner Hand zu leyhen / Brauch vnnd Recht hat. Es ist zwar die Statt Anfangs dem Abbt gehörig gewesen / vnd da sie schon hernach ein Reichs-Statt worden / doch mit vielen Burgerlichen Pflichten dem Kloster zuständig blieben / von welchen sie sich aber mit Gelt / vnd andern ehrlichen Mitteln / befreyt gemacht. Es hilfft der Abbt / mit sampt ihr / zu gleicher Zahl / das Gericht besetzen / darfür man auß deß Abbts Landschafften appellirt: Doch hat der Abbt den Obmann. Diese Richter schweren weder dem Abbt / noch der Statt / sondern allein GOtt. Der Abbt hat im Bezirck deß Klosters Gebott vnd Verbott / vnd / ausser der Statt / die absonderlich Hochgericht: hergegen die Statt auch ein Hochgericht / vnd die macht / die ihrige zu straffen hat / welche Hohe-Gericht sie vom Reich empfangen: Wie dann auch die Reichs Vogtey An. 1401. der Statt einverleibt worden / vnd hat ihr Bähr oder Wappen das Halßbandt An. 1475. vom Käyser Friderico IV. bekommen. So einer in das Kloster (so bey 17. oder 18. vnd nicht mehr Convents-Herren hat /) vnd desselben Freyheit / fleucht / vnd sein Handel vnredlich vnd Malefitzisch / so ist ihn der Abbt schuldig / auff der Statt anfordern / herauß zu geben / doch stehet es zu Erkandnuß 12. Männer / deren der Abbt 6. mit seinem Hoffmeister / als Obmann / vnnd die Statt auch 6. setzen. Mit den Klosterleuthen / vnnd Appenzellern hat die Statt den Verstandt / daß kein Theil den andern verhefften / oder / einiger Ansprachen halber / verbieten / oder verpfänden / sondern jeder den andern suchen vnd ansprechen solle / da er gesessen / vnd wohnhafft ist. Sie hat 3. Burgermeister / so vmb einander regieren. Im kleinen Rath sitzen 24. vnnd im grössern 90. Personen / so auß den 6. Zünfften / vnd der freyen Gesellschafft von Notenstein / erwehlet wird. Ist gar Volckreich / hat einen stattlichen Leinwand-Handel / vnnd vieler Spraachen kündige Kauffleuth / (die sehr weit handlen) auch schöne wolgezogene Weiber: Zween Jahr-Märckt / den einen nach dem Auffarts-Tag; den andern nach S. Gallen-Tag / auch grosse Wochenmärckt / vnd ein schöne Metzig oder Fleisch-Bänck / aber nicht sonders grosse Wirtshäuser. Die Nürnberger seyn / vermög eines Vertrags de Anno 1387. zu S. Gallen / vnd die S. Galler zu Nürenberg Zoll frey. Es ist die Statt der Reformirten oder Eydgnossischen Religion zugethan / vnnd hat zu derselben Exercitio die Kirchen zu S. Laurentzen / vnd S. Mangen. Es haben zwar Anno 1529. die von S. Gallen / auß dem obgedachten Münster / vnd allen Capellen daherumb / alle Bilder abgethan / vnd derselben etliche Fuder auff Kärren / vnd Wägen für die Statt geführt vnd verbrennt / auch alle Grabstein ab dem Kirchhoff gethan: Sie haben sich aber hernach mit dem Abbt Diethelm vertragen / vnnd ihme für alle Ansprach 10000. Gülden geben / vnd ward jedem Theil sein Religion auff dem seinen vorbehalten. Vnd hat der Abbt im Kloster die Altär / vnd Bilder / wieder vffgerichtet. Anno Christi 1451. hat der Abbt mit Zürich / Lucern / Schweitz / vnd Glaris / sich in Bündnuß / Burg- vnnd Landrecht / auff ewig / begeben / wiewol er die Lehen vom Käyser hat / vnnd ihme Eydspflicht thut; Vnd Anno 1521. sampt dem Schloß vnd Graffschafft Toggenburg / vnd der Abbtey S. Johanns im Thurthal / (so Benedictiner Ordens / vnnd ob diesem Closter hinder dem hohen vnnd rauhen Scalberg / die Tur entspringt) auff 6. zu Roß / vnnd 30. zu Fuß / angelegt worden / gibt aber der Zeit nichts mehr / wiewol er auff die Reichs-Täg beschrieben wird; welches auch gegen der Statt geschicht / so vff 57. zu Fuß angeschlagen / die aber nur ein Recepisse / auff die Käyserliche Außschreiben / gibt. Dann sie deß Abbts Exempel gefolget / vnd sich Anno 1454. auch in ewige Bündnuß mit den sechs Orten / Zürich / Bern / Lucern / Schweitz / Zug vnnd Glaris / eingelassen. Vnd solle diese Statt S. Gallen gegen Erlegung / einer grossen Summ Gelds / vom Käyser Sigismundo, An. 1417. der ReichsStätt Steuer

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Helvetiae, Rhaetiae et Valesiae. , Frankfurt am Main 1654, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Helvetiae,_Rhaetiae_et_Valesiae_069.png&oldid=- (Version vom 2.4.2020)