Seite:De Merian Sueviae 003.jpg

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darauß Räthia die Erste / vnd Räthia die Andere / entstanden. Vnd hat der Röm. Landvogt / so vber die erste Rhätiam gesetzt war / seinen ordentlichen Hoff in den Schlössern Marsöil / vnd Spinöil / gehalten / wo jetzt der Bischoffliche Hoff zu Chur ist; der ander aber in Nider-Rhätien / zu Augspurg. Durch die Alemanner / vnd Schwaben seyn folgends den Rhätiern wider vil Oerter abgenommen worden. Vnd was von Attila vberblieben war / das verhergten die Allemannier vollends / an den Römischen Vestungen. Hiemit bekamen selbige Land den Alemannischen / vnd verloren den Helvetischen Namen vnd ist das gantze Helvetier Land den Römern benommen worden. Den Theil jenseit der Reuß hatten die Burgundier erobert / vnd ward jhnen nach das kleine Burgund genandt: Der ander Theil dißhalb der Reuß ward Alemannisch. Endlich wurden die Alemannier durch König Clodovaeum auß Franckreich gedemüthiget / die Dinstbarkeit eingeführet / vnd ein Hertzog zu Alemannien / vnd Schwaben gemacht / welche Herrschung vnter den Fränckischen Königen / diß vber die Zeit der Caroliner hinauß geblieben / da diese Landen / vnd Helvetisch-Alemannien / vnter die Teutsche Käyser kommen. Es seyn gleichwol / nach deß gedachten Clodovaei Sieg / in Anno 499. nicht alle Alemannier in die Dienstbarkeit gerathen. Dann jhrer etlich zu / vnd nach diser Zeit / vnter den Gothiern gewesen seyn. So meldet auch Procopius, daß noch bey Käysers Justiniani Regierung etliche Alemannier in freyem Standt gelebt haben. Die Schwaben seynd vom Gothischen König / Dieterich von Bern / vberwunden / zinßbar / vnd zu Vnterthanen gemacht worden / nämlich / die / so sich an der Alemannier statt / zwischen der Thonaw / vnd Alpgebürg / gesetzt hatten. Als aber die Gothen hernach mit den Orientalischen Käysern zu thun / haben sich die Schwaben widerumb auffgericht / welches aber nicht lang gewäret hat. Dann Dietbrecht der Ost-Fränckische König / sie angefallen / vnnd vnter das Fränckisch Joch gebracht / bey dem sie / als ein Glied deß Hertzogthumbs Schwaben / vnd Alemannien / verblieben sind / biß sie auß der Caroliner Gewalt / mit sampt dem Röm. Reich / an die Teutschen Käyser kommen / die jhnen im Namen deß Reichs Hertzogen geben / sie auch folgends erblich an das Hauß von Hohenstauffen gerathen lassen / wiewol sie nach vnd nach / viel Freyheiten erlangt haben. Zugleich aber / wie diese Hermundurische Schwaben die andere Rhätiam / zwischen dem Lech / vnd Bodensee / eyngenommen: Also haben die Boij / auß Böhmerland vertrieben / in vbriger Rhätien / von dem Lech / biß an den Inn / sich eyngesetzt / vnd nicht gefeyret / biß sie letztlich alles in Nider Rhätien / zwischen dem Lech / vnnd dem Inn / von der Thonaw dannen / biß an die Etsch hineyn / erobert haben: Wiewol Theils wollen / daß dieses zu deß Augusti Zeiten allbereyt geschehen / folgends aber sich der Gotthischen Herrschafft entschüttet. Es hat aber solche Gegend nach vnd nach / den Rhätischen Namen verlohren / vnnd ist darauff ein gute Weil / neben den andern / auch das Noricum geheissen worden / biß der Nam Bayern auffkommen.

Was aber das alte / oder Ober Rhätien anbetrifft / so ist es offenbar / daß sie vnter besagtem König Dietrichen / dem Herrscher Italierlands / verblieben. Dann / so lang er gelebt / seynd seine Gothen den Francken nie gewichen. Es war aber diß Rhätien vnter den Gothen durch einen Hertzog verwaltet: Vnd da die Gothen von dem Belisario bekriegt worden / kamen di Rhätier vnter König Dietbrechten zu Metz / vnd in Ost-Franckreich; vnd wurden sie die Rhätier / an das Herzogthumb Alemannien / vnd Schwaben / gehenckt / vnd wie andere Glieder desselben regiert: Also daß sie / nächst nach den Hertzogen / jren Landvogt / vnd nach demselbigen viel Grafen hatten; die damals nicht erbliche Herren jhrer Graffschafften; sondern allein deß Lands Richter waren / so lang es dem Fürsten gefiel; sampt andern Nidernstands fürgesetzten. Der höchste Gewalt stunde bey den Königen auß Franckreich. Vnter gemelten Fränckischen Landvögten war Victor der Erste / ein Graf von Chur / deme sein Sohn Vigilius / ein Graf zu Bregentz / vnd disem sein Sohn Zacco / vnd disem sein Sohn / Jactatus / etc. succedirt haben Das allgemeine Landgericht ward zu Ranckweyl / bey den Esthnern / gehalten: Die Geistlichen Sachen aber der Alpischen Rhätien / wurden durch den Bischoff von Chur / ohne einigen Eintrag deß Königs / verrichtet. Also nun kam alt Rhätien /

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Sueviae. Frankfurt am Mayn: Frankfurter Kunstverein, 1643/1656 (Faksimilenachdruck 1925), Seite II. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Sueviae_003.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)