Seite:De Merian Sueviae 161.jpg

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vnd Pfarrkirchen seynd nicht Ordens / sondern weltliche Priester / haben jhren Vnterhalt von Zehenden / Zinsen der Früchten. Theils in der Statt / den mehrertheils aber ab dem Land. E. Ers. Rath hat die Administration vber die Kirchenpfleg / der muß / laut eines Vertrags / mit dem Abbt Gerwick Plarer von Weingarten / als Collatoren der Pfarr / vnnd der auff allen Caplaneyen das Jus praesentandi hat / in Anno 1562. den 27. Aprilis auffgericht / alle Nothwendigkeit hergeben. Es seyn erstlich / neben dem Pfarrer / neun Caplaneyen gewesen / darvon durch jetztgemelten Vertrag / 3. Pfründe / zu Vnterhaltung der 2. Evangelischen Prediger allhie / nämlichen / S. Nicolai / S. Margarethae / vnd S. Annae / vberlassen worden. Dann der Rath allhie mehrertheils der Augspurgischen Confession zugethan / vnd mit 12. Personen besetzt ist / darunter 2. Burgermeister / ein Statt Amman / vnd 9. Rathsherrn seyn / die alle vnd jede Stattgeschäfft verrichten müssen. Es hat auch ein Clausen von Schwestern allhie / so von niemands gestifftet / oder mit Jährlichen Eynkommen dotirt, sondern von andächtigen geistlichen Schwestern S. Francisci Ordens de Observantia angefangen worden / die haben mit Weber-Arbeit jhre Nahrung gesucht / vnd noch. Hat kein gewisse Zahl der Schwestern. Seynd immediatè dem Orden vnterworffen; werden jährlich von dem Provincial visitirt / deme der Bischoff zu Costantz / noch andere / einigen Eintrag nicht thun. Der Catholische Pfarrer hat einen schönen wol accommodirten Pfarrhoff / darinnen ein Gräf- oder Fürstliche Person sich wol betragen könte / welcher Anno 1616. da Herr Abraham Fuertenbach Bawherr daselbsten war / gebawet worden. Anno 1546. haben die Bürger einen Evangelischen Prediger / Namens Hanß Schelhaimer von Memmingen / angenommen / vnd die obgedachte Pfarrkirch zwey gantzer Jahr inngehabt. Aber An. 1549. bekamen die Catholische selbige wider / vnd haben hernach die von Leutkirch / zwey gantzer Jahr keinen Prediger jhrer Religion gehabt: Nach Außgang der zwey Jahren aber habens wider einen Evangelischen Prediger / Nahmens David Braun / angenommen / von welcher Zeit das Exercitium Augspurgischer Confession allwegen allhie (in dem Spitalkirchlein) gewesen; vnd seyn der Zeit diese 2. Prediger / Herr M. Bernhard Müller / vnd Daniel Kellenreutter: Vnd begehen sich beyde Religionen gar wol / vnd friedlich mit einander.

Den 4. vnnd 14. Martij Anno 1613. hat man an der jetzigen Evangelischen Kirchen zu bawen angefangen / darzu die Burgerschafft ein Nahmhafftes hergeschossen / das vbrige ist auß gemeiner Statt Cassa gangen. Den ersten Stein an diesem schönen Gotteshauß (so sich wol sehen läßt / hundert vnd 21. Werckschuh lang / fünff vnd siebentzig breyt / vnd zwey vnd viertzig Schuh hoch ist) hat H. Hieronymus Fuertenbach / dazumal seines Alters eylff Jahr / gelegt / so den ersten Febr. Anno 1615. vollendet / vnd solche Kirch zur H. Dreyfaltigkeit genandt worden; darinn H. M. Johann Graf die erste / vnnd M. Bernhard Mylius, oder Müller / die andere Predig gethan / auch der Freyherr von Rietheim / vnd Angelberg / eine gemahlte Tafel dahin machen lassen. Die newe Glock hat zwölffhundert Gülden gekostet. Es ligt diese Statt (deren Monatlich einfacher ReichsAnschlag zehen zu Fuß / oder viertzig / zum CammerGericht aber jährlich zwey vnd sechtzig Gülden / ist) an der rechten Landstrassen / so wol gegen Italia, als auch gegen dem Tyrol / daher viel Durchreysens von frembden Leuten / sonderlich der Zeit von Soldaten / da ist. Sie ist nicht groß / vnd nit viel grösser / als Geißlingen / aber zierlich- vnd Stättischer erbawet. Das Rathhauß ist ein altes Gebäw / darvor ein schöner steinerner Röhrkasten stehet. Hat ein stattliche Wasserstuben / da man mit geringem Vnkosten das gute Brunnenwasser hin vnd wider leyten kan / wie dann auß oberwehntem Hohen Berg / auß einem Felsen / ein schöner Fluß entspringet. Item / 3. Thor / deren aber nur 2. gebraucht werden. Vmb die Statt herumb hat es ein feine lustige Gelegenheit / guten Kornwachs / vnd ernehren sich die Bürger / sonderlich dieser Zeit / meistentheils ab dem Ackerbaw / vnd ab dem Leinwatgewerb; vnd ist vor dieser betrübten elenden Zeit / allhie ein namhaffte Summa Leinwat gewürckt / abgeblaicht / vnd in ferne Land versandt worden.

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Sueviae. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1643/1656 (Faksimilenachdruck 1925), Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Sueviae_161.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)