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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.

gereizt, desto mehr also auch sein sittliches Vermögen zum Widerstand aufgefodert. Vorstellungen des Leidens lassen sich aber auf zwey verschiedenen Wegen erhalten, welche der Lebhaftigkeit des Eindrucks nicht auf gleiche Art günstig sind. Ungleich stärker affizieren uns Leiden, von denen wir Zeugen sind, als solche, die wir erst durch Erzählung oder Beschreibung erfahren. Jene heben das freye Spiel unsrer Einbildungskraft auf, und dringen, da sie unsre Sinnlichkeit unmittelbar treffen, auf dem kürzesten Weg zu unserm Herzen. Bey der Erzählung hingegen wird das Besondre erst zum Allgemeinen erhoben, und aus diesem dann das Besondre erkannt, also schon durch diese nothwendige Operation des Verstandes dem Eindruck sehr viel von seiner Stärke entzogen. Ein schwacher Eindruck aber wird sich des Gemüths nicht ungetheilt bemächtigen, und fremdartigen Vorstellungen Raum geben, seine Wirkung zu stören und die Aufmerksamkeit zu zerstreuen. Sehr oft versetzt uns auch die erzählende

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 203. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band1_203.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)