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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.

auch in den Umständen gegründet finden, so muß ihm die äussere sowohl als innre Lage desselben in ihrem ganzen Zusammenhang und Umfang vor Augen liegen, so darf auch kein einziges Glied aus der Kette von Bestimmungen fehlen, an welche sich der letzte Entschluß des Römers als nothwendig anschließt. Ueberhaupt ist selbst die Wahrheit einer Schilderung ohne diese Vollständigkeit nicht erkennbar, denn nur die Aehnlichkeit der Umstände, welche wir vollkommen einsehen müssen, kann unser Urtheil über die Aehnlichkeit der Empfindungen rechtfertigen, weil nur aus der Vereinigung der äussern und innern Bedingungen der Affekt entspringt. Wenn entschieden werden soll, ob wir wie Cato würden gehandelt haben, so müssen wir uns vor allen Dingen in Catos ganze äußre Lage hinein denken, und dann erst sind wir befugt, unsre Empfindungen gegen die seinigen zu halten, einen Schluß auf die Aehnlichkeit zu machen, und über die Wahrheit derselben ein Urtheil zu fällen.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 210. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band1_210.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)