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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.

sie entsprangen und auf deren Veranlassung sie sich äussern, stellt sie nachahmend dar; dieß unterscheidet sie von den lyrischen Dichtungsarten, welche zwar ebenfalls gewisse Zustände des Gemüths poetisch nachahmen, aber nicht Handlungen. Eine Elegie, ein Lied, eine Ode können uns die gegenwärtige, durch besondre Umstände bedingte, Gemüthsbeschaffenheit des Dichters (sey es in seiner eignen Person oder in idealischer) nachahmend vor Augen stellen, und in so ferne sind sie zwar unter dem Begriff der Tragödie mit enthalten, aber sie machen ihn noch nicht aus, weil sie sich bloß auf Darstellungen von Gefühlen einschränken. Noch wesentlichere Unterschiede liegen in dem verschiedenen Zweck dieser Dichtungsarten.

Die Tragödie ist drittens Nachahmung einer vollständigen Handlung. Ein einzelnes Ereigniß, wie tragisch es auch seyn mag, giebt noch keine Tragödie. Mehrere als Ursache und Wirkung

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band1_217.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)