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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.

lag, nicht durch voreilige Hitze selbst aus dem Wege zu räumen, und ganz gewiß hatte sie auch die Leidenschaft des Königs nicht so heftig geglaubt, als der Auftrag des Herzogs sie ihr schilderte. In so fern konnte das Erstaunen, das sie bey der Anhörung desselben zeigte, aufrichtig seyn, aber ihre Klugheit verließ sie auch in diesem kritischen Augenblicke nicht.

Ueberzeugt, daß eine Leidenschaft wie diese, durch Schwierigkeiten zwiefache Stärke erlangt, und daß vermehrte Hindernisse in Seelen wie Gustav Adolphs nur neue Kräfte entwickeln, erlaubte sie sich keine andre Aeußerung als den sanften Schmerz fehlgeschlagner Hoffnung. Auf ihres Sohnes ängstliche Besorgniß, ihr zu mißfallen, baute sie ihren ganzen Plan. Ein einziges rasches Wort konnte die zarten Fäden zerreißen, die allein seiner Leidenschaft noch einen Zaum anlegten, aber je schwächer dieser Zaum war, desto besser war er im Stande, von einer geschickten Hand gelenkt, die kühnen Wünsche des Königs zu bändigen.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 265. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band1_265.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)