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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.

Hör’ ich nur deine liebevolle Stimme
     du süßes theures Mädchen, ohne gleichen,
     so lache ich der hohen Kunst der Sänger!

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Du sprichst! indeß ich in Entzückung schwimme,

     um deine Wangen meine Blicke schleichen,
     mein Auge naß wird, und mein Busen enger.

IX.

Die heitre Luft, die zwischen grünen Zweigen
     hinsäuselnd, meine heiße Stirne kühlet,

115
     mit leisem Wehn um meine Wangen spielet,

     vor der sich Rosen und Jasminen beugen,
und junge Veilchen sich süßduftend neigen;
     sie kann den Gram der meine Brust zerwühlet,
     die Qualen, die mein armer Busen fühlet,

120
     die selbst im Schooße der Natur nicht schweigen.

Das alles kann ihr leises Wehn nicht lindern!
     in diesem Herzen brennt ein ewig Feuer
     das meines Lebens beste Kraft verzehret;
Elisens Kuß kann meinen Gram nur mindern,

125
     ihr Wort allein, das gleich der mächtgen Leyer

     des Mäoniden jedem Kummer wehret.

Nach Petrarcas 163stem Sonnet.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 381. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band1_381.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)