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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.

für das nächste halten im Laufe des Schicksals. Es ist ein sonderbares Schauspiel, zu welchen thörichten Handlungen und lächerlichen Erscheinungen ein solcher Wahn in dem Mittelalter Anlaß gab. Hier sah man eine Gruppe von Säufern, welche noch alle ihre Habe verzehren wollten vor dem Untergang der Welt; wenn sie ihre Fässer geleert hatten, verkrochen sie sich darin vor dem jüngsten Gericht, indeß dort ein Frömmling langsam mit gebeugtem Haupte daher wandelte, und auf die Verantwortung vor dem Weltrichter sann. Der Jäger streifte wütend in den Wäldern umher, um so viel Wild als möglich vor Zerstörung seiner schönen Forsten zu erlegen. Wo man hinkam, sah man Haufen von alten Weibern und muthigen Rittern, welche den Himmel beschauten, ob sich die Sonne nicht plötzlich verfinstere, ob die Sterne nicht blutroth würden, oder ein feuriger Drachen herabstürze. Mit brünstigem Gebete um Vergebung der Sünden legte man sich auf das Lager nieder und verwunderte sich am andern Morgen, daß die Sonne wieder leuchtete.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 410. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band1_410.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)