Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält. | |
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Einstens wähnt’ ich auch viel Freuden zu genießen,
Da entfloh die Zeit mit Flügeln an den Füssen,
Da verträumt’ ich hochbeglückter Mann
Noch mein Wonneleben unter deinen Küssen.
Aber du, – mein Weib – ach Emma Du!
Hast die Binde mir vom Aug gerissen.
Dreißig düstre Monden trug die Zeit
In das Meer der dunklen Ewigkeit,
Seit dem letzten Tag voll Seligkeit,
Nimmersatt am Glück der Liebe mich zu weiden,
Himmeln träumend noch in deinen Armen schlief,
Als mich Friederich zum Zuge gen die Heiden
Für das heilge Grab in Palestina rief,
Quell, von meinem Himmelreich zu scheiden. –
Emma! denkst du noch der Küsse von uns beyden?
Noch der Thräne, die von meiner Wange lief?
Unterdrückend das Gefühl des Schmerzens,
Schwang ich blindbetäubt mich auf mein Roß;
Flog beym Augenblick der Ueberwindung
Mit verhülltem Haupt aus meinem Schloß,
Jagte fort im Sturme der Empfindung,
Dann erst wurd’ ich der Beklemmung wieder los,
Und des Blutes flammender Entzündung.
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 415. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band1_415.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)