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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.

Trift des Himmels Fluch. In Moruans Armen, ach!
Nimmer möglich, daß dieß Weib die Treue brach,

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Das an Franken Heinrichs Brust gelegen.

Aber wenn es möglich – wenn es wirklich ist,
Moruans Weib! drey Tage hast du Frist.

Zwar fast stürz’ ich unter meines Schicksals Schlägen,
Doch mein wacher Grimm, der jede Nerv’ durchpocht

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Und so heiß in meinen Adern kocht

daß sich stürmisch meine Pulse regen,
Flügelt mich empor: In ganz Guyenne tönt
Schon mein Nahme, meiner Rache Fackel lodert,
Wer als Freund mich Heinrich von Bayonne kennt,

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Den nicht selbst ein Laster auf der Seele brennt,

Wem nicht jeder Keim von Ehr’ im Busen modert,
Wird erscheinen, wenn mein Ruf ihn fodert.

Als Verderber komm’ ich dann mit Speer und Wehr,
Euer Todesengel schreitet vor mir her,

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Dir im Arm, in deinem Brautbett will ich tödten

Deinen Buhlen, dich an seinem Leichnam ketten,
Dann hinab mit dir und ihm hinab
In ein ödes nie besuchtes Grab,
Das verirrte Wandrer nur betreten.

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Sterben, sterben muß, verworfnes Weib,

Dein geschändetes Gedächtniß wie dein Leib. –
Doch für deine Seele will ich beten.

K. von Lackner.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 420. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band1_420.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)