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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

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Wo über ihr sich reinre Himmel mahlen,

Und ewig reine Luft die Auen schmeichelnd kühlt,
Dort an der Schönheit Quell die junge Psyche spielt?

     Welch neues Harmonienleben
Erfüllt die Luft, erfüllt die Haine hier!

60
Die seligsten Gefühle beben

In leisen Schwingungen in diesem Luftrevier
Die Seelen an, die niedrige Begier
Schweigt hier und in geheimnißvollen Quellen,
Gehoben sanft von linden Silberwellen,

65
Stärkt Psyche sich zu neuer Tugend hier.

Es kreisen rosiger und leichter hier die Stunden;
Vom Bley des Körpers nicht gebunden,
übt sich in diesem unbetretnen Feld,
Das geistig Licht wie goldner Thau erhellt,

70
Von Schön und Wahr und Gut als Glorien umfangen,

Und wo die Bilder dieser Welt
Im schönern Urbild prangen,
Der Seele Fittich stets, von innerm Zug geschwellt.
Hieher hat sich das Laster nicht gefunden;

75
Der Leidenschaften Gluth
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_029.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)