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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

fähig. Und nicht Männern allein, auch Weibern sogar gibt Liebe diesen Muth. Wer kennt nicht die Heldenthat von Pelius Tochter, Alceste? Sie allein unter allen Griechen war bereit für ihren Gatten zu sterben. Er hatte noch Vater und Mutter; aber sie, stärker durch Liebe, übertraf auch die Eltern an Zärtlichkeit so sehr, daß neben ihr es schien, als ob diese ihm nur dem Namen nach angehörten. Was sie gethan, gefiel auch nicht bloß den Menschen. Die Götter selbst, die sonst nur sehr wenigen aus der großen Zahl der Vortreflichen die Rückkehr aus dem Orkus erlaubten, machten, von dieser herrlichen That gerührt, mit Alcesten eine Ausnahme[.] So wird Tugend aus Liebe, selbst von den Göttern geehrt. Den Orpheus hingegen, des Oeagrus Sohn, schickten sie unverrichteter Dinge aus dem Hades zurück. Sie zeigten ihm bloß ein Schattenbild derjenigen, um derentwillen er hinabgestiegen war; die Gattin selbst gaben sie ihm nicht zurück, denn der Weichling hatte nicht gewagt, wie Alceste, aus Liebe zu sterben, sondern war bloß mit Hülfe seiner Cithar lebendig in den Orkus hinabgestiegen. Eben deswegen ließen sie ihn auch durch Weiberhände sterben. Ganz anders ehrten sie den Achill, der Thetis Sohn. Ihn schikten sie in die Inseln der Seeligen; aber groß war auch was er that. Er hatte die Wahl: den Hektor zu tödten und zu

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_186.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)