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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

das Gesicht und den halbirten Nacken vorne nach dem Schnitt zu drehen, damit sie fleissig an das Zerschneiden erinnert und dadurch bescheidener werden möchten. War dies geschehen, so zog Apollo die Haut in der Gegend, die nun der Bauch heißt, von allen Seiten zusammen, ungefähr so wie man einen Beutel oben zusammenschnürt, so daß nur eine einzige Oeffnung blieb, die er in der Mitte des Bauches zuknüpfte, und die jezt der Nabel heißt. Alsdenn nahm er eine Falzzange, womit die Schuster das Leder über den Leisten glatt ziehen, wölbte damit die Brust, und glättete die entstandenen Runzeln aus. Ein Paar ließ er aber doch um Bauch und Nabel stehen, damit auch hier ein kleines Andenken von der ehmaligen Züchtigung übrig bliebe. Nachdem nun diese Bisection unsers Wesens glücklich vollendet war, fiengen die getrennten Hälften an sich nach einander zu sehnen, umschlossen sich mit ihren Armen so fest, und hängten sich so innig an einander, als wollten sie wieder in Ein Wesen zusammenfliessen. Keine wollte ohne die andere etwas verrichten, und so starben sie endlich miteinander aus lauter Hunger und Nichtsthun. Starb aber nur die eine, so suchte die Verlaßene wieder eine andere entweder männliche oder weibliche Hälfte (was wir nämlich jezt Weiber

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_212.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)