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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

III.
Der Orlabach.


Wohin, mein Geist, auf rascher Sehnsucht Flug?
Zu welches Strom’s umdonnertem Gestade?
Zu welchem Quell, den aus dem Marmorkrug
Die Nymphe gießt zum keuschen Götterbade?

5
Hin, wo des Rheines königliche Flut

Durch Seen wandelt und durch Felsenhallen?
Die Traubenleserinn am Ufer ruht
Und dir, o Bacchus, Jubelhymnen schallen?

Wie? oder eilest du zur hohen Rom,

10
Und ruhest unter schattenden Platanen?

Umschweben dich am alten Tiberstrom
Der Siebenhügel Stadt glorreiche Ahnen?

Bekränzest du, wo Peneus Welle fleust
In Tempens Blüthenwelt die Nektarschale?

15
Und sehnest dich zu Platons hohem Geist

Zum Silberborn in seinem stillen Thale?

Nein! Nicht zu dir, du königlicher Rhein,
Und wenn auch deine Flut durch Eden wallte;
Nicht hin zur hohen Rom, zu Tempens Hain

20
Und wenn mir Platons süße Lockung schallte.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 229. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_229.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)