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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

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Sie säuselt mir aus jedem Blüthenzweig,

Sie spielt um mich in leichten Epheuranken,
Gebiert in jenem Thal, an Veilchen reich,
Wie Blumen zahllos, wonnige Gedanken.

Von dir sinkt sie herab, o Abendstern,

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Der in verschwiegner Laube uns belauschte,

An dir, o Bach, weilt sie vor allen gern,
Der unsrer Seele Wallung sanfter rauschte.

Dich hüb’ ich gern, von Laurens Geist umweht
Wie jüngst Petrarch, zum Nachruhm von Vauklüse!

115
Dann feyerte die Enkelin noch spät

Der Liebe Bund in deinem Paradiese.

Laß hier, o Schicksal, meinen leichten Kahn
Des Lebens Wellen sanft hinunter gleiten.
Zufriedenheit schwebt leichten Flugs voran,

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Und Freundschaft wird den Nachen glücklich leiten.


In niegesungnen Melodieen lebt
Ihr hohes Lob in jedem meiner Lieder;
Und wenn mein Geist in ihren Himmeln schwebt,
Hallt meine Harfe, Ida! Ida! wieder.

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Ans Blumenufer winken holde Reihn

Umkränzter Schäferinnen uns zum Mahle;
Die heut, wie Hebe schön, uns süßen Wein,
Und jene opfert uns aus goldner Schaale.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 233. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_233.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)