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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

die Gluth, die so mein Wesen zu ihm zieht,

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der Grazien Gebilde scheint er ganz –

des hohen milden Geistes Harmonie
in holden Worten seiner Lipp’ enttönend –
in ihr zerfloß ich, gieng in ihm verlohren,
und ach sein Wesen ist darum nichts mehr!

Irene.

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So truglos bist Du gute Seele, daß

du nie Betrug, er sey auch fromm verstehest.
Ja seine Kälte war’s, sie konnte sicher,
aus seiner Brust nicht kommen. Unbelohnt
blüht Liebe nicht in dieser üpp’gen Fülle,

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des ganzen Wesens Kraft verzehrend auf.

Ihr zarter Saamen brauchet zum Gedeih’n
der Gegenliebe Sonnengluth –

Lidia.

Es gab
der Augenblicke wohl voll süßer Träume,

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Ein Blick, ein Wort von ihm, ließ ein so weit

Geweb’ in meiner Seel’ entstehn – doch bald
entfloh der hochgestimmte Sinn, und kalt
empfand ich, was mir Liebedeutend schien.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 250. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_250.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)