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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

in feucht und trüben Schauern zu uns nieder –
Ich folg’, o hoher Phöbus, deinem Wink,

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in goldnen Strahlen dem Gemüth gesendet.

Auf selten nur besuchten Pfaden eil’
ich jenem Tempel zu, nach Leukade,
ein alter mir ergebner Diener lenkt
die ungeübten Schritte – Lebe wohl,

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du väterliches Haus! zum leztenmal

umfaßt mich, lieben Wände – Ach, die Lust
der frohen Kinderjahre schwebt um euch,
der ersten Liebesblüthe süßes Ahnden –
die holden lieblichen Gestalten drängen

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beym Scheiden fester sich an meine Brust –

In süßer Wehmuth löset sich der Sinn
vom Dufte der Vergangenheit umwebt,
er widerstrebt der unbekannten Ferne
aus der ihn fremdes Schicksal kalt ergreift –

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Doch bald umlodert ihn der Sehnsucht Flamme,

und hofnungslos treibt sie mit wilder Macht,
des Lebens zarte Fäden auseinander –
Wenn sich mein Herz dem Vater öffnete,
wie es Irenens treuer Rath mir ließ –

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dem bangen Bündniß dem entgieng ich wohl –

Wozu? – mir blüht wohl andre Hoffnung noch?

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 281. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_281.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)