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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

meiner Rede entgegenhalten, und mich in einen sprachlosen Stein verwandeln. Nun merkte ich erst, was ich für einen dummen Streich gemacht hatte, da ich mich anheischig machte, den Gott der Liebe in eurer Gesellschaft zu loben, da ich mich selbst dafür ausgab, in der Philosophie der Liebe bewandert zu sein; und doch nicht einmal noch verstand, wie man es anfangen müsse, um überhaupt etwas zu loben. Ich war einfältig genug, um mir einzubilden, daß man von jedem, den man lobpreisen wollte, nichts anders, als die Wahrheit sagen müsse, daß man denn aus dem Vorrath dieser Wahrheiten nur die schönsten auslesen, und sie so schiklich als möglich zusammenstellen müsse. So bildete ich mir also was rechts auf diese Wissenschaft ein, und dachte Wunder, wie gut ich mich auf die wahre Natur einer Lobrede verstände. Hinterher sehe ich nun wohl, daß es darauf bei einer schönen Lobpreisung gar nicht ankommt, sondern vielmehr nur auf die Kunst, seinen Gegenstand mit einer Menge der schönsten und erhabensten Prädikate zu überhäufen,


des Namens zu einer Anspielung auf den bekannten Mythos von dem Haupt der Gorgo Medusa, welches die Kraft gehabt haben soll, denjenigen, dem es vorgehalten wurde, in einen Stein zu verwandeln. – Die Stelle aus dem Homer, von der hier die Rede ist, steht Odyß. Λ, 632 ff.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 326. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_326.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)