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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

pflegte; er gieng mit mehr Leichtigkeit baarfuß über das Eis, als die andern in ihren Schuhen. Die Soldaten sahen ihn ganz scheel darüber an, als hätte er das ihnen zum Spott gethan. Doch genug davon! Aber es lohnt sich der Mühe, von diesem Feldzug noch weiter zu hören

Sein Ausdauren in Noth und seine muthige Thaten!

Nachdenkend über einen Gegenstand hatte er sich einst frühmorgens irgendwo hingestellt. Da seine Untersuchung nicht recht von statten gehen wollte, blieb er in Gedanken vertieft auf demselben Platze stehen. Es war schon Mittag. Die Leute wurden aufmerksam darauf; man verwunderte sich; von einem Mund zum andern giengs: Sokrates steht schon seit heute früh, nachdenkend, auf Einem Flek. Er stand Abends noch. Einige Jonische Soldaten trugen endlich nach dem Abendessen ihre Decken heraus, theils um in der Kühle zu ruhen, (es war eine Sommernacht) theils um Acht zu geben, ob er denn auch die Nacht durch stehen bleiben würde. Er blieb auch wirklich stehen, bis der Morgen anbrach, machte dann der aufgehenden Sonne eine ehrfurchtsvolle Verbeugung und eilte davon. – Aber hättet ihr nicht Lust, ihn auch im Schlachtfelde selbst noch zu sehen? Es ist in der That billig, ihm auch diese Gerechtigkeit

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 379. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_379.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)