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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

hier sah ich ihn eigentlich – wie du von ihm sagst, Aristophanes,

– Mit stolzer Miene und trozigen Blicken einhergehn.

Auf Freunde und Feinde sah er mit kalter Ruhe umher; von ferne schon verkündigte seine Unerschrockenheit, daß er wie ein Mann sich wehren werde, wenn jemand ihn angreife. Ruhig ließ man ihn eben deswegen mit seinem Gefährten ziehn; denn solche Menschen werden im Kriege nicht leicht angegriffen; nur reissende Flucht fordert zum Verfolgen auf. – Nun könnte ich zwar von Sokrates noch sehr viel bewundernswürdiges rühmen. Allein, alle seine übrigen Vorzüge ließen sich doch auch bei einem andern vielleicht antreffen, und doch ist sein höchster Vorzug nur der, daß keiner unter den Sterblichen, weder in der jezigen noch in der Vorwelt, ihm gleich kommt. So tapfer auch immer Achill gewesen sei; Brasidas und andere lassen sich ihm an die Seite stellen. So weise auch Perikles sein mag; Nestor und Antenor, und vielleicht noch mehrere stehen ihm gleich; und so vielleicht bei jedem Menschen ein andrer auf gleicher Stufe. Aber dieser da ist ein so ganz einziger und ungewöhnlicher Mensch, so wohl in Rüksicht seiner Person als seiner Reden, daß man wohl vergebens die lebende und vergangene

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 381. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_381.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)