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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

mir alle Besinnung geraubt. Die wärmenden Strahlen der Sonne, welche durch die Thüre hereindrangen, wekten mich endlich, ich trat heraus, und sah zu meinem größten Erstaunen, die Colonnade unbeschädigt, aber rund um sie her Spuren fürchterlicher Verwüstung. Mit inniger Wehmuth, mit hellen Thränen im Auge, nahm ich jetzt Abschied von dem majestätischen Dom und von seinen wunderbaren Bewohnern. Alles was ich je von Sylphen, Gnomen und Salamandern gehört hatte, bemächtigte sich meiner Einbildungskraft, oft standen mir die Haare zu Berge, wenn sich im Durchwandern der Ruinen etwas regte, aber das Gefühl welches mich dann durchschauerte, hatte für mich etwas unbeschreiblich angenehmes. Meine Adern schwellten an von ungewohnter Kraft, ich stürmte über Trümmer, Hügel, Felsen, Gebürge hin und stand nach einigen Stunden ohne zu wissen wie, am Ausgange des Waldes, der gerade auf das Landhaus meiner Mutter zuführte.

Sie empfing mich mit ernsten, forschenden Blicken, ich mußte ihr alles erzählen, sie hieß mich einige Stunden ausruhen, und nachher ihre Befehle erwarten. Ich gehorchte, legte mich auf mein Ruhebett und versuchte zu schlafen. Umsonst – noch immer umschwebte mich die liebenswürdige Gruppe des romantischen Doms und ich

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 407. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_407.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)