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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

Bianca.

Stellen Sie sich mein Entsetzen vor, als ich meine Mutter vor dem Todtenkeller still stehen sah, als auf ihren gellenden Ruf eine verdekte Pforte sich öfnete, als sie mich die Stufen hinabriß, und die Flügel der Pforte über mir donnernd zusammenschlugen! Ewiger Gott, ich ward kalt wie Eis vor Schauer und Schrecken und doch war alles dieses noch nichts gegen dasjenige, was ich bald nachher sah und hörte. Eine ungeheure schwarze Hand, wem sie gehörte, konnte ich nicht erkennen, rauschte immer vor uns her, ich wankte sinnlos meiner Mutter nach, aber das blaue Flämmchen welches die schwarze Hand trug, leuchtete so gräßlich, daß ich meine Augen schliessen mußte. Der lange, unterirrdische Gang endete sich an einer ungeheuren, ehernen Pforte, meine Mutter stand still, ich wagte es aufzublicken, alles um mich her war schrecklich und schauervoll. Dumpf erscholl das Klopfen der schwarzen Hand und plözlich flog die Pforte mit einem so betäubenden Gerassel auf, daß ich ohnmächtig zur Erde niederstürzte. Als ich wieder zu mir kam, befand ich mich in einem großen Gewölbe, wo in jeder Ecke eine Pechfackel brannte und in dessen Mitte ein Haufen schwarzer Gestalten hokte, die sobald ich mich regte, mit Ungestüm und Geheul über

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 409. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_409.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)