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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

Gletschern herabrollenden Schneeklumpens in den Thälern wiederhallen. Aus dem Cluser Thale, in welches man vorher ganz eingeschlossen zu seyn glaubte, schlüpft der Weg durch eine Felsenenge. Die Sonne röthete schon die erhabenen Gipfel der Berge, und muntre Finken sangen ihr lautes Morgenlied, als wir von Cluse aufbrachen. Rauschend strömte uns die Arve entgegen; sie theilt den schmalen Durchgang durch die Kluft ungerecht mit dem Wanderer, und auch das, was sie ihm übrig läßt, drohen ihre neidischen Wellen ihm zu entreißen. Die hohen, grau und gelb gestreiften Felsen von mancherley Formen drängen sich auf beyden Seiten in den Weg, keine Pflanze haftet an ihren nakten Wänden; manche wölben sich hoch über der Kluft, und verdunkeln den Tag. Einen schauerhaftern, romantischern Ort kann die Phantasie kaum bilden. Er scheint ein großer Kerker zu seyn, den die Natur baute. Es kommt dem Reisenden vor, als wäre er in ungeheure Mauren eingesperrt; er fühlt anfangs hier eben das Unbehagen, aber in weit größerm Maaße, was jede Einschränkung in enge Wände verursacht. Mit Schrecken sieht er unübersteigliche Zacken und Platten von Felsen, und eilt unter den überhangenden Gipfeln derselben hinweg. Aber der Ausgang, so wie der Eingang, ist hinter

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_006.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)