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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

Seite streifte. Nun aber ist dieser durch Pulver zersprengt, mit seinen Trümmern der Weg bestreut, und so breit gemacht worden, daß ein char à banc drüber fahren kann. Hinter den Montées ragt die beschneyte Spitze des Montblanc hervor, man glaubt, die Straße führe zu ihm hin; links sieht man von ihr schwindelnd in den schrecklichsten Abgrund hinab, und die hohen Wände desselben, an welchen Tannen heraufwachsen, sind dem wilden Strome der Arve unübersteigliche Schranken. Begleitet vom dumpfen Schall ihrer brausenden Wellen stiegen wir keichend die steile Höhe. Zwischen den Steinen sproßte das immer grüne Rhododendron, eine auf den Alpen nur einheimische Pflanze; ihre hellrothen Blumen verbreiteten sanften Wohlgeruch. Unerwartete Erdbeeren verführten uns zur mühsamen Ausschweifung vom Wege, aber ihr gewürzreicher Geschmack lohnte die Mühe, und löschte unsern heissen Durst. Wer hätte an der Gränze dieser wilden Gegend die anmuthige Natur gehofft, die uns jetzt entgegen lächelte? Entzückt standen wir vor dem lieblichsten Thal. Unbeschreiblich sind seine Schönheiten, bezaubernd die mannichfaltigen Reitze neben seinen undenkbaren Schrecken. Hier flieht der Winter nicht vor dem Frühling; eine Jahreszeit bietet verträglich der andern die Hand, und alle leben

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_017.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)