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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

Mädchen vergleichen, kann nicht köstlicher geschmeckt haben, als der von Chamouni. Unsern Guide ließen wir Wein, Brod, Schinken und Braten tragen, zur Mahlzeit für uns auf dem Montanvert, und nun wanderten wir aus. Der Himmel war ganz wolkenrein, der Wind hatte sich gelegt. Der dicke Morgenthau beugte die Grasstengel der Wiese nieder, über welche wir zum Fuße des Montanvert giengen. Der Weg auf diesen Berg ist nicht ausserordentlich steil; er steigt allmählig an der Seite desselben herauf, und man kann sogar die Hälfte auf Mauleseln zurücklegen. Umgewehte Tannen- und Lerchenbäume lagen hin und wieder ausgestreckt. Dann unterbrachen Felder, bepflanzt mit Hafer und Kartoffeln, den niedrigen Wald. Man nennt diese Stelle an planart; von ihr übersah ich das lange Thal, und alle Krümmungen der Arve, aber die Höhe verkleinerte schon die Häuser zu niedrigen Hütten. Unser Guide rieth uns, oft Halt zu machen, uns umzudrehn, und Athem zu schöpfen. Dies, sagte er, thut Herr von Saussure oft, der alle Jahre die Gletscher besucht; und wirklich ist es nöthig, den Lungen eine kurze Ruhe zu gönnen, welche durch das ununterbrochene Steigen in der ungewohnten reinen Luft sehr angestrengt werden. Die meisten Wegweiser sterben daher an Seitenstichen und Lungen-Krankheiten.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_023.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)