Seite:De Neue Thalia Band3 103.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

40.

Still sinnend saß er eine Stunde,
voll tiefen Grams, bis endlich seinem Munde

315
Ein klageschwerer schwacher Laut entquoll –

Ein Laut, so sanft, so weich, so seelenvoll,
Um Tigerherzen Mitleid einzuflößen,
Um Felsen selbst in Thränen aufzulösen;
Aus seinem Aug’ dringt eine Zährenflut,

320
Ein kochender Vulkan ist seines Busens Glut.


41.

Gedanke, rief er aus, der mich zu Eis erstarret,
Des Schmerzens Dolch in meinen Busen drückt,
In Flammen mich verzehrt, zu lang hab’ ich geharret,
Ein andrer hat die schöne Frucht gepflückt,

325
Ein andrer hat den vollen Reitz empfunden,

Nur Wort und Blick erhielt mein liebend Herz.
Ist Blüth’ und Frucht gewiß für mich verschwunden,
Warum verzehr’ ich mich in Schmerz?

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_103.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)