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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

Sinne und mit keinem größern Rechte, als überhaupt jede schöne Bildung der Natur. Dem Grade nach übertrift sie zwar alle andere Schönheiten, aber der Art nach steht sie in der nehmlichen Reihe mit denselben, da auch sie von ihrem Subjekte nichts, als was sinnlich ist, offenbart, und erst in der Vorstellung eine übersinnliche Bedeutung empfängt [1]. Daß


  1. Denn – um es noch einmal zu wiederholen – in der bloßen Anschauung wird alles, was an der Schönheit objektiv ist, gegeben. Da aber das, was dem Menschen den Vorzug vor allen übrigen Sinnenwesen giebt, in der bloßen Anschauung nicht vorkommt, so kann eine Eigenschaft, die sich schon in der bloßen Anschauung offenbart, diesen Vorzug nicht sichtbar machen. Seine höhere Bestimmung, die allein diesen Vorzug begründet, wird also durch seine Schönheit nicht ausgedrückt, und die Vorstellung von jener kann daher nie ein Ingredienz von dieser abgeben, nie in das ästhetische Urtheil mit aufgenommen werden. Nicht der Gedanke selbst, dessen Ausdruck die menschliche Bildung ist, bloß die Wirkungen desselben in der Erscheinung offenbaren sich dem Sinn. Zu dem übersinnlichen Grund dieser Wirkungen [136] erhebt der bloße Sinn sich eben so wenig, als (wenn man mir dieß Beyspiel verstatten will) als der bloß sinnliche Mensch zu der Idee der obersten Weltursache hinaufsteigt, wenn er seine Triebe befriedigt.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 135. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_135.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)