Seite:De Neue Thalia Band3 143.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

und Bewegungen, die bloß der Natur angehören, können nie diesen Nahmen verdienen. Es ist zwar an dem, daß ein lebhafter Geist sich zuletzt beynahe aller Bewegungen seines Körpers bemächtigt, aber wenn die Kette sehr lang wird, wodurch sich ein schöner Zug an moralische Empfindungen anschließt, so wird er eine Eigenschaft des Baues, und läßt sich kaum mehr zur Grazie zählen. Endlich bildet sich der Geist sogar seinen Körper, und der Bau selbst muß dem Spiele folgen, so daß sich die Anmuth zuletzt nicht selten in architektonische Schönheit verwandelt.

So, wie ein feindseliger, mit sich uneiniger Geist selbst die erhabenste Schönheit des Baues zu Grund richtet, daß man unter den unwürdigen Händen der Freyheit das herrliche Meisterstück der Natur zuletzt nicht mehr erkennen kann, so sieht man auch zuweilen das heitre und in sich harmonische Gemüth der durch Hindernisse gefesselten Technik zu Hülfe kommen, die Natur in Freyheit setzen, und die noch eingewickelte, gedrückte Gestalt mit göttlicher Glorie auseinander breiten. Die plastische Natur des Menschen hat unendlich viele Hülfsmittel in sich selbst, ihr Versäumniß herein zu bringen, und ihre Fehler zu verbessern, so bald nur der sittliche

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_143.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)