Seite:De Neue Thalia Band3 154.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

die architektonische Schönheit gemacht ist, so sehen wir gerade so viel von der Menschheit (als Erscheinung) verschwunden, als aus einem fremden Naturgebiet zu derselben geschlagen worden ist – und wie sollten wir, die wir nicht einmal Wegwerfung eines zufälligen Vorzugs verzeihen, mit Vergnügen, ja auch nur mit Gleichgültigkeit einen Tausch betrachten, wobey ein Theil der Menschheit für gemeine Natur ist hingegeben worden? Wie sollten wir, wenn wir auch die Wirkung verzeihen könnten, den Betrug nicht verachten? – Sobald wir merken, daß die Anmuth erkünstelt ist, so schließt sich plötzlich unser Herz, und zurücke flieht die ihr entgegenwallende Seele. Aus Geist sehen wir plötzlich Materie geworden, und ein Wolkenbild aus einer himmlischen Juno.

Ob aber gleich die Anmuth etwas unwillkührliches seyn oder scheinen muß, so suchen wir sie doch nur bey Bewegungen, die, mehr oder weniger, von dem Willen abhängen. Man legt zwar auch einer gewissen Gebärdensprache Grazie bey, und spricht von einem anmuthigen Lächeln und einem reitzenden Erröthen, welches doch beydes sympathetische Bewegungen sind, worüber nicht der Wille, sondern die Empfindung entscheidet. Allein nicht zu rechnen, daß jenes

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 154. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_154.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)