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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

doch in unserer Gewalt ist, und daß noch gezweifelt werden kann, ob dieses auch eigentlich zur Anmuth gehöre, so sind doch bey weitem die mehrern Fälle, in welchen sich die Grazie offenbart, aus dem Gebiet der willkührlichen Bewegungen. Man fodert Anmuth von der Rede und vom Gesang, von dem willkührlichen Spiele der Augen und des Mundes, von den Bewegungen der Hände und der Arme bey jedem freyen Gebrauch derselben, von dem Gange, von der Haltung des Körpers und der Stellung, von dem ganzen Bezeugen eines Menschen, insofern es in seiner Gewalt ist. Von denjenigen Bewegungen am Menschen, die der Naturtrieb oder ein herrgewordener Affekt auf seine eigene Hand ausführet, und die also auch ihrem Ursprung nach sinnlich sind, verlangen wir etwas ganz anders als Anmuth, wie sich nachher entdecken wird. Dergleichen Bewegungen gehören der Natur und nicht der Person an, aus der doch allein alle Grazie quellen muß.

Wenn also die Anmuth eine Eigenschaft ist, die wir von willkührlichen Bewegungen fodern, und wenn auf der andern Seite von der Anmuth selbst doch alles willkührliche verbannt seyn muß, so werden wir sie in demjenigen, was bey absichtlichen Bewegungen unabsichtlich,

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 155. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_155.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)