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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

eine sinnlich sprechende es ist. Der Geist nehmlich soll thätig seyn und soll moralisch empfinden; und also zeugt es von seiner Schuld, wenn seine Bildung davon keine Spuren aufweißt. Wenn uns also gleich der reine und schöne Ausdruck seiner Bestimmung in der Architektur seiner Gestalt mit Wohlgefallen und mit Ehrfurcht gegen die höchste Vernunft, als ihre Ursache, erfüllt, so werden beyde Empfindungen nur so lange ungemischt bleiben, als er uns bloße Naturerzeugung ist. Denken wir ihn uns aber als moralische Person, so sind wir berechtigt, einen Ausdruck derselben in seiner Gestalt zu erwarten, und schlägt diese Erwartung


kann, daß der Stoff sich zur Form veredelt und der bildende Geist in der Anschauung Ideen niedergelegt habe, sind sie, wie jedes andre Naturprodukt, der Materie anheim gefallen, und die vielversprechenden Meteore erscheinen als ganz gewöhnliche Lichter – wo nicht gar als noch etwas weniger. Denn die poetisirende Einbildungskraft sinkt zuweilen auch ganz zu dem Stoff zurück, aus dem sie sich losgewickelt hatte, und verschmäht es nicht, der Natur bey einem andern solidern Bildungswerk zu dienen, wenn es ihr mit der poetischen Zeugung nicht recht mehr gelingen will.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 166. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_166.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)