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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

Freyheit nur in eine rühmlichere Art von Knechtschaft verwandelt? Denn hat wohl der wahrhaft sittliche Mensch eine freyere Wahl zwischen Selbstachtung und Selbstverwerfung, als der Sinnensklave zwischen Vergnügen und Schmerz? Ist dort etwa weniger Zwang für den reinen Willen, als hier für den verdorbenen? Mußte schon durch die imperatife Form des Moralgesetzes die Menschheit angeklagt und erniedriget werden, und das erhabenste Dokument ihrer Größe zugleich die Urkunde ihrer Gebrechlichkeit seyn? War es wohl bey dieser imperatifen Form zu vermeiden, daß eine Vorschrift, die sich der Mensch als Vernunftwesen selbst gibt, die deswegen allein für ihn bindend, und dadurch allein mit seinem Freyheitsgefühle verträglich ist, nicht den Schein eines fremden und positiven Gesetzes annahm – einen Schein, der durch seinen radikalen Hang, demselben entgegen zu handeln (wie man ihm Schuld giebt) schwerlich vermindert werden dürfte! [1]

Es ist für moralische Wahrheiten gewiß nicht vortheilhaft, Empfindungen gegen sich zu haben,


  1. Siehe das Glaubensbekenntniß des V. d. K. von der menschlichen Natur in seiner neuesten Schrift: Die Offenbarung in den Grenzen der Vernunft. Erster Abschnitt.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 184. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_184.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)