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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.


hat die Absicht, das Gemüth auf etwas wichtiges vorzubereiten. Da wo ein großer und tiefer Eindruck geschehen soll, und es dem Dichter darum zu thun ist, daß nichts davon verloren gehe, so stimmt er das Gemüth vorher zum Empfang desselben, entfernt alle Zerstreuungen und setzt die Einbildungskraft in eine Erwartungsvolle Spannung. Dazu ist nun das Feyerliche sehr geschickt, welches in Häufung vieler Anstalten besteht, wovon man den Zweck nicht absieht, und in einer absichtlichen Verzögerung des Fortschritts, da, wo die Ungeduld Eile fodert. In der Musik wird das Feierliche durch eine langsame gleichförmige Folge starker Töne hervorgebracht; die Stärke erweckt und spannt das Gemüth, die Langsamkeit verzögert die Befriedigung, und die Gleichförmigkeit des Takts läßt die Ungeduld gar kein Ende absehen.
Das Feierliche unterstützt den Eindruck des großen und erhabenen nicht wenig, und wird daher bey Religionsgebräuchen und Mysterien mit großem Erfolg gebraucht. Die Wirkungen der Glocken, der Choralmusik, der Orgel sind bekannt; aber auch für das Auge gibt es

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 229. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_229.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)