Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. | |
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Unter Blumen schleicht der Krankheit Schlange,
Blumen sind für keine Ewigkeit!
Unter Küssen selber pflückt die Zeit
Manche Blüthe von der vollen Wange!
Um die schönen Seelen ein Gewand
Rein und herrlich, wie nach ihrem Bilde
Einst die Ersterschaffne vor ihr stand.
Schwesterlich umarmt der Geist die Hülle,
So durchströmend, so durchlodernd fleust
In sie über heil’ger Gottheit Fülle.
In des Auges lebenvollen Blikken
Schwimmt der Seele holder Engelsinn
Bald, ein leichtes Abendwölkchen, hin;
Wallet itzt auf reiner Freude Wellen
Sorglos, wie auf stiller Flut der Schwan;
Oder legt den Thränenschleier an,
Auf der Wange lichten Frühlingsauen
Geht die Seel’ im Morgenroth herauf;
Demuth, holde Schaam und Liebe thauen
Schwesterlich den reinsten Purpur drauf.
Thront der Geist, wie über seiner Welt;
Die Gedanken sind am Himmelszelt
Zahllos, wie die Sterne, aufgezogen.
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 232. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_232.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)