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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

Und sollte denn von allen diesen Gaben
Mein teutsches Vaterland nicht eine haben,

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Daß du in seinen Grenzen bliebst?

Die Schuld ist dein; du willst in unsern Gauen
Dir keinen Kohl zum kleinen Mahle bauen,
Weil du das Sonderbare liebst.

Beklagenswürdig Freund, sind die Tymone

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Bey jedem Volk und unter jeder Zone;

Bey ihnen wohnt die Freude nie.
Sie sind vor jedem Menschenantlitz bange;
Sind ew’ger Mißlaut in dem Sphärenklange
Von unsers Schöpfers Harmonie.

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Hier wäge: Vater seyn von frommen Kindern,

Ein Tröster, der bedrängten Gram zu lindern;
Ein Freund der ächten Menschenpflicht:
Und nun, ein Mann von finsteren Gesichtern
Der, gleich den alten grauen Höllenrichtern

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Den Menschen nur ihr Urtheil spricht!


Laß uns mit Ruh und unverbundnen Augen
Nicht Gift, nur Honig aus den Blumen saugen
Die unsers Schöpfers Garten zeugt.
Man muß nicht einer ganzen Flur mißtrauen,

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Wenn hier und dort in seegensreichen Auen

Durch Blumen eine Schlange schleicht.

O Sohn des Unmuths komm in meine Arme!
Dein Busenfreund giebt Lindrung deinem Harme,
Der dir am wunden Herzen frißt.

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O, starre nicht mit schaurigem Gefühle

Voll Schwermuth in der Elster Wellenspiele,
Wo, wie du wähnst, kein Glück dich küßt.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 236. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_236.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)