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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

Unser intelligibles Selbst, dasjenige in uns, was nicht Natur ist, muß sich bey jener Affektion des Erhaltungstriebs von dem sinnlichen Theil unsers Wesens unterscheiden, und seiner Selbstständigkeit, seiner Unabhängigkeit von allem, was die physische Natur treffen kann, kurz, seiner Freyheit sich bewußt werden.

Diese Freyheit ist aber schlechterdings nur moralisch, nicht physisch. Nicht durch unsre natürliche Kräfte, nicht durch unsern Verstand, nicht als Sinnenwesen, dürfen wir uns dem furchtbaren Gegenstand überlegen fühlen; denn da würde unsre Sicherheit immer nur durch physische Ursachen, also empirisch, bedingt seyn, und also immer noch eine Abhängigkeit von der Natur übrig bleiben. Sondern es muß uns völlig gleichgültig seyn, wie wir als Sinnenwesen dabey fahren, und bloß darinn muß unsre Freyheit bestehen, daß wir unsern physischen Zustand, der durch die Natur bestimmt werden kann, gar nicht zu unserm Selbst rechnen, sondern als etwas auswärtiges und fremdes betrachten, was auf unsre moralische Person keinen Einfluß hat.

Groß ist, wer das Furchtbare überwindet. Erhaben ist, wer es, auch selbst unterliegend, nicht fürchtet.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 346. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_346.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)